Stattdessen sei eine grundlegende Neuausrichtung der Wirtschafts- und
Finanzpolitik erforderlich. Der DGB werde sich mit wirtschaftlich notwendigen
und sozial vertretbaren Alternativen in die Reform des Sozialstaats einmischen.
Entscheidend seien, so Ursula Engelen-Kefer, kräftige Impulse für Wirtschaftswachstum,
Investitionen und Beschäftigung. Eine Schlüsselrolle habe die Neuausrichtung
der Finanz-, Steuer- und Wirtschaftspolitik auf nationaler und europäischer
Ebene. Dazu gehöre der Ausbau öffentlicher Investitionen sowie eine gerechte
und damit beschäftigungswirksame Steuerverteilung. Kurzfristig müssten auch die versicherungsfremden Leistungen, die die
Sozialversicherungen belasten, aus Steuern finanziert werden. Allein bei
der Bundesanstalt für Arbeit führe dieses Umsteuern zu einer Entlastung von
vier bis fünf Milliarden Euro. In der gesetzlichen Krankenversicherung würde
eine aufgabengerechte Umsteuerung zu einer Senkung der Beitragssätze von
0,7 Prozent führen.
Die angekündigten Maßnahmen des Sozialabbaus würden dagegen eine
wirtschaftliche und soziale Spirale nach unten in Gang setzen und die ohnehin
lahmende Binnenkonjunktur noch mehr schwächen. Ursula Engelen-Kefer: "Die
Bündelung der Verschlechterungen bei Kündigungsschutz, Arbeitslosengeld,
Arbeitslosenhilfe, Krankengeld und Rentenleistungen sind ein Programm gegen
die Mitte unserer Gesellschaft. Sie gehen einseitig zu Lasten der Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer im mittleren und höheren Lebensalter." Dabei seien bereits
zum 1. Januar dieses Jahres rund 2,5 Milliarden Euro bei der Arbeitslosenhilfe
eingespart worden. Auch die Rentenleistung werde um ca. eine Milliarde Euro
niedriger ausfallen.
Deshalb sei auch eine drastische Änderung der Personalpolitik in
den Betrieben erforderlich. In der Hälfte aller Betriebe gebe es bereits
keine Beschäftigten mehr, die älter als 50 Jahre alt seien. Stünden genügend
Bewerber bereit, hätten Ältere keine Chance. Meist müssten die Arbeitsämter
hohe Zuschüsse anbieten, um die Bereitschaft zur Einstellung zu wecken. Bei
den 50- bis 55jährigen kommen auf eine Vermittlung ohne finanzielle Zuschüsse
bereits 1,5 Vermittlungen mit Zuschüssen. Bei den über 55-Jährigen ist das
Verhältnis 1:2.
Wenn Appelle nicht fruchten würden, sollte über eine Gegenmaßnahme
nachgedacht werden, wie sie in Österreich praktiziert werde. Dort könnten
Arbeitgeber verpflichtet werden, einen Arbeitsmarktbeitrag zu zahlen, wenn
sie jemanden in die Arbeitslosigkeit entlassen. Dieser Beitrag werde erlassen,
wenn sich die Betriebe nachweislich um alternative Qualifizierungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten
für die Beschäftigten bemühten. Die Einnahmen des Arbeitsmarktbeitrages könnten
zum Beispiel für die Qualifizierung und berufliche Eingliederung von älteren
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verwendet werden.