Stand: 9. August 2002, 12:00 / 4.8.02 / 30.07.02
Geschichten von der Kampagne
Eine gute Wahlkampagne läuft über Monate. Skurrile und andere Geschichten, die passieren seien aufgeschrieben; die Zeit vergeht so
schnell.
Die Tricks der Flugblattverteiler
- Nicht jeder möchte sich just “jetzt” mit Politik befassen; oder kommt jemand von der “Konkurrenz” dann fuchtelt der mit seinen Armen und/oder
macht abschätzige Bemerkungen. Die Wirkung: Weitere Passanten lehnen ab. Was tun? Sofort aufhören zu verteilen, warten bis der Nächste kommt, der die Szene nicht mitbekommen hat; dann neu
anfangen.
- Manchmal gelingt es, eine “goldene Serie” zu ziehen. Ein Wähler möchte unbedingt das Flugblatt haben, das merken andere; nun wollen alle haben.
Hier muss man nun fix reagieren und zügig verteilen - damit alle dran kommen. Es gibt schon mal goldene Serien mit bis zu 30 Blättern “am Stück”.
- Kommt ein/e Wähler/Wählerin daher, erst Blickkontakt aufbauen, danach Blick auf eine freie Hand des/der Fußgängers/in; die zuckt - schwups das
Blatt ist an Mann bzw. Frau.
- Kommen Er+Sie. Immer Kontakt zu ihr suchen. Meist “regelt” er das - deswegen - noch ein Flugblatt am Mann; geht auch bei Älteren Jahrgängen.
Aber Achtung, das kann durchaus auch mal
erheblichen Ärger geben.
- Flugblätter an einzelne Frauen, jüngere Jahrgänge: Aggressives Anmachen ist weit verbreitet; mögen Frauen 2002, zumal emanzipiert, nicht. Wer
also das Flugblatt in der Hand, sagen wir, nur 10 cm vom eigenen Körper entfernt hält, hat verloren. Einzig richtig ist: Blatt am weit ausgestreckten Arm etwa 10-20 cm von der
voraussichtlichen Bahn der Passantin grifffertig halten und freundlichen Blickkontakt, also ausschließlich
ins Gesicht bei (durchaus konzentriertem) Ausblenden der sonstigen Szene aufbauen; engere Kontaktierung so ausgeschlossen. Das Blatt geht mit hohem Sympathie-Gewinn weg. (Richtig, Frauen seid weiterhin emanzipiert, also liberal, lasst
Euch nicht von jedem Gockel, nach dem Motto mein Deckel auf jeden Pott, anmachen.)
Immer auf Achse. Aufdringlich?
An Kassen, in der Straßenbahn, am kalten Büffet, o.ä. Orten sind stets beson- ders viele unserer 82.000.000 Mitbürger anzutreffen. Meist
also ist es eng. Man schubst einen Wähler/Wählerin, den robusteren kann man auch sanft auf den Fuss treten; meistens reagiert der Betroffene gar nicht. Klar, auf der Stirn steht nicht
geschrieben, dass man FDP ist. folgender Dialog ergibt sich:
Kandidat: Oh, Entschuldigung, bzw. salopp ‘Schuldigung.
Wähler: ??
Kandidat: Ich muss mich nämlich anständig benehmen ...
Wähler: ?? ?? ??
Kandidat: ... weil wir die 18 % doch noch nicht ganz zusammenhaben.
Wähler: (Gesichtsausdruck von: Lächeln / grins / Heiterkeit / bei Gebildeten: “Herr Lehrer, ich weiss was” / ganz selten
Stirnrunzeln, o.ä. Die Sache mit der 18 “ist eben durch”).
Kandidat: (hat jetzt die Chance zur Initiative - meist ergibt sich ein kurzes Ge- spräch über irgend etwas Politisches). Sehr
beliebt: Bornierte Sozialisten! Aber auch: Haben Sie heute schon eine Spendenquittung erhalten? Bei Leuten gebo- ren vor 1960: Stoiber ist seit 84 Jahren verheiratet! Von Autofahrern
besonders goutiert: Der Fischer ist ja so gebüldet! .... (Aber auf keinen Fall Arbeitslosigkeit erwähnen; die Wahrscheinlichkeit ein derartiges “Los” zu ziehen, ist in Deutsch- land im
Durchschnitt 10 % - wer will schon gerne über sein Schicksal öffentlich etwas sagen ... Ähnlich verpönte Themen sind Schwarzarbeit, Schulden, Bußgeldbescheid, Bonusmeilen, Starenkästen,
Gerhard Schröder, Müll, SPD, CDU/CSU-Sexualkunde ...)
Die Moral: Während man also “herumstand”, nichts zu tun hatte, kleiner
Wahlkampagnen-Einsatz für die FDP; jeder kann das machen. Überall. Stets viel Sympathie das Ergebnis.
Keine falsche Bescheidenheit
Kandidat: ... (nach einem kürzeren oder längerem Gedankenausstausch) ... und Sie
können mich wählen, ich bin wählbar.
Wähler/In: Oh, wie aufregend, Sie sind ja ein richtiger Kandidat ... ich “kann” Sie also wählen?
Kandidat: Ich muss Sie aber ein wenig enttäuschen. Heute oder morgen geht nicht; es geht erst am 22. September ...
Die Moral: Wenn Sie als Kandidat kein dummes Zeug geredet haben und halbwegs
sympatisch auf- getreten sind, wird der Wähler bis zum 22.9. an seinen Kandidaten denken, davon träumen, auch anderen von seinen Träumen erzählen - je früher man also anfängt “mit dieser”
Werbung, desto um- fangreicher der so genannte Schneeballeffekt.
Preisfrage 01: Was ist noch lahmer als die SPD?
Antwort: Die Verkehrsverhältnisse in Köln, stöhnt Bernardo Trier, denn er muss 30 Min. lang durch die Stadt (Köln
Millionen-Stadt) fahren, bevor er seinen ersten potenziellen Wähler sieht. Und nachdenklich: “Klar, 43 Jahre Müllverbrennungsanlagen geplant, gekauft, gebaut und in Betrieb genommen ...
entsprechend lädiert die Verkehrsverhältnisse ...”
Preisfrage 02, (Das Liberale Tagebuch
ist offenbar populär, denn ein Wähler kommt mit einer Geschichte, die bereits am 18.04.02 hier veröffentlicht):
Welches ist seit der Pille das beste Verhütungsmittel?
Antwort: SPD-Familienpolitik.
(Stellen Sie sich einmal vor, die hätten seit 1998 nicht modernisiert: Wir hätten hier Familienpolitik wie in der Zeit der Kavernen ...)
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