2.-21. September 2002
Notizen von der Wahlkampagne III
2. September 2002 (16:00-18:00): Nippes
9. September 2002 (19:30-21.30), Chorweiler: (Nachtrag am 13. Mai 2003)
Podiums-Dis- kussion im katholischen Bildungszentrum
mit CDU/CSU (Bietmann), SPD (Mützinger), Grüne (Müller), PDS (Fischer) und FDP (Trier). Inhaltlich das jeweils typische Schrwadronat: Herunterbeten von Parteiformeln. Auffällig Frau Müller, die versucht sich körperlich aufzublasen und zu häufig unflätig dazwischenquatscht.
U.a. wurden alle Kandidaten über ihre Meinung zur Steuervergünstigung für Lohn aus Nachtarbeit befragt: Grünrot: Vergünstigungen nicht abschaffen, ist eine Frage der
Sozialgerechtigkeit, Beispiel Krankenschwester + Schüren von Sozialneid. CDU/CSU: Nicht abschaffen, Errungenschaft konservieren. PDS: Nicht abschaffen wegen Sozialgerechtigkeit. FDP:
Abschaffen.
Beim Herausgehen kurzes Gespräch mit einem Teilnehmer aus dem Publikum: Unverständlich, das Bietmann nicht für die Abschaffung der o.a Steuervergünstigungen eintritt: Es
wurde dem FDP-Vertreter zugestimmt, diese Steuervergünstigung sei ein Fossil aus der Zeit der Hochkonjunktur, als Arbeitskräfte knapp waren, wenige nachts arbeiten wollten, weshalb “die
Politik” sich angesichts sprudelnder Steuereinnahmen dazu entschloss, Unternehmen dadurch zu subventionieren, dass durch Steuernachlässe für die Mitarbeiter Lohnzuschläge vermieden wurden.
12. September 2002 (12:00-14:00) Podiums-Diskussion am Heinrich Mann Gymnasium in Volkhofen/Weiler
mit CDU/CSU (Bietmann), SPD (Mützinger), Grüne (Vertreter von Frau Müller), PDS (Fischer) und FDP (Trier)
Gepflegte Schule. Es prickelt politisch. Es nahmen ca. 200 Schüler der oberen Klassen teil. Attac und PDS haben hier ein paar sehr
aktive Mitglieder. Jemand meinte, eine Anti-Nazi T-shirt zu tragen; Herr Bietmann wurde böse. Es gibt auch Grüne; diese kamen aber nicht so recht rüber. Frage an FDP (Trier): “Wie wollen Sie
Ihr bombastisches Bildungsprogramm finanzieren?” Antwort: “Wir haben zwei Möglichkeiten (1) Kohle mit Milliarden zu subventionieren, (2) die gleichen Milliarden für Bildung auszugeben. Wie
würden Sie entscheiden?”. Der Fragende setzte sich ganz eilig wieder auf seinen Stuhl ... Etwas geladen war die Stimmung schon. Der völlig unpolitische Ausruf von Bernardo Trier: “Lasst Euch
nicht bevormunden” wurde mit lautem Beifall und entsprechenden quittiert. Gut so; nur, liebe Leute: Das ist zuwenig. Nachsitzen?
13. September 2002 (12:00-12:00) Info-Stand Venloerstr./Neptunstr., Ehrenfeld
Ein
optimaler Standort, weil zur gleichen Zeit auf dem Neptunplatz nebenan Markt stattfindet. Das war ein sehr aktiver Stand. Es konnten viele Flyer usw. verteilt werden. Parteigänger von den
Grünen wollen, heftig abwehrend, kein FDP-Material; eingefleischte Genossen verhalten sich ähnlich; wir wurden ein paar mal verdächtigt für den Kölner Müllspendenskandal verantwortlich sein.
Von einer grünroten Euphorie kann keine Rede sein. Es sieht eher so aus, als ob sich die Stimmung abermals dreht.
14. September 2002 (8:00-14:00) Info-Stand “Em Goldene Kappes”, Nippes, Neusser Str.
Früh
aufstehen ist allemal lohnend. Wir wurden mit dem besten Standort “am Platz” belohnt. Alles klappt inzwischen wie am Schnürchen. Der OV Nippes beteiligte sich mit vielen Parteifreunden; der
OV-Vorsitzende, Herr Skutta wollte kurz vorbeischauen, blieb dann aber stundenlang. Sogar das WDR-Fernsehen kam vorbei. Als jemand von der CDU/CSU Interesse am “18-Sticker” zeigte und sich
der Verkauf des wertvollen Stückes zum Preis von 5,00 Euro anbahnte, war eine Kamera präsent; das Geschäft wurde in allen Phasen video/audio-dokumentiert. Definitiv: Die Stimmung hat sich
wieder gedreht.
16. September 2002 (16:00-18:00): Neusserstr./Karl-Friedrich-Str.
SPD, CDU/CSU und Grüne
träumen davon, dass Spendenskandale und die verbreitete Korruption “in der Politik” vergessen seien. Träumt weiter ...
Nur wenige Wähler “nichts von der FDP wissen”; die Stimmung wie
am 14.9. also freundlich.
16. September 2002 (18:30-20:30) Türkisch-Deutscher-Verein in Chorweiler, Podiumsdiskussion
mit SPD (Mützinger), CDU/CSU (Bietmann), Grüne (KV-Vorsitzender), PDS (Fischer) und Trier (FDP)
Gemessen an den Äußerungen mehrerer Diskussionsteilnehmer aus dem Publi- kum erscheint
das Klima im Verhältnis zu unseren Mitbürgern ausländischer Her- kunft (“Migranten”) belastet. Es zeigt sich die negative Wirkung der deutschen Schlagwort-Diskussion: Einwanderungsland,
Rechtsanspruch auf Integration, Diskriminierung von Minderheiten. Kernaussage von Bernardo Trier: Noch Ihre Enkel sollen türkisch sprechen wollen und können; das Wichtigste: Nach Wahl der
Eltern sollen Kinder in der ersten Klasse gleichzeitig Türkisch und Deutsch Lesen/Schreiben lernen. U.a. hat das so ein Bezirksparteitag der FDP Rheinland beschlossen. Immerhin hat deutsche
Kulturpolitik dem entsprechend positive Erfahrungen spätestens seit 1950 gemacht; ein Vertreter von Grünrot auf dem Podium lobte den neu errungenen Rechtsanspruch auf Integartion; darunter
sei das unentgeltliche Angebot von Deutschkursen für Ausländer zu verstehen ...
Niemand in Deutschland wird an folgenden Erkenntnissen vorbeikommen: Mit unseren vor vielen Jahren nach
Deutschland gezogenen “Gastarbeitern” muss ein Aufeinander-Zugehen stattfinden, das von allen viel Geduld erfordert. Es wäre hilfreich, wenn “die Linke” alles unterlässt, “die nationale
Rechte” zu provozieren (Doppelpass, multikulturelles Deutschland); die CDU/CSU muss dringend das ihr anhaftende Stigma in Zusammenhang mit dem Begriff “Leitkultur” abarbeiten. Zur Frage, ob
Migranten sich an Wahlen beteiligen sollen, wird Farbe zu bekennen sein; wird insbesondere zweisprachige Alfabetisierung Praxis, wird die Forderung auf Doppelpass wahrscheinlich in den
Hintergrund treten.
Ach und übrigens: SPD will anscheinend nicht über philosophische Fragen “dis- kutieren”. Nachvollziehbar, wegen OMM’s Beliebigkeit;
dann ist “man” auch nicht festgelegt ... Lösung: Dann machen wir eben liberale Philosophie zur Grundlage gesellschaftlichen Zusammenlebens ...
20. September 2002, 10:00-13:00, Info-Stand auf der Venloerstr.
Bianca Wagner, Wilhelm Wachtel haben in der Kampagne viele Stunden mitgearbeitet
Die Stimmung war stabil bis besser als an den vorangehenden Tagen. Es gab viele längere Gespräche. Auch ein Grüner kam mit seiner Nazi-Keule, bekam je-
doch einen Nazi-Koller und dampfte wieder ab. Aber die zentrale Themen an die- sem Morgen: Korruption in Deutschland und Arbeitslosisgkeit: Der eine hat
schamlos versprochen und gebrochen, der andere überzeugt auch nicht. Liberale: Wenn Ihr wollt, dass wir auf den 4 Millionen sitzen bleiben, dann erhöht weiter die
Lohnkosten ... Und einsichtig sind die Mitbürger allemal: Nur daran liegt die Ar- beitslosigkeit. Vielfältige Reaktion: Lob für diese Ehrlichkeit.
21. September 2002, 16:00-18:00 Markt in Bilderstöckchen
Der Kandidat. Foto Manfred Skutta. Sogar unser Böllerwagen kam auf seine Kosten.
Ein bißchen ruhiger war es hier schon. Aber nicht minder gehaltvoll.
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