Stand: 17. Februar 2005, 14:00
Vom menschlichen Überlebenstrieb zum Homo Psychologicus und weiter zum Homo Soziologicus
Mit dem Konzept des Überlebensinstinktes im gesellschaftlichen Raum des menschlichen Seins zu operieren ist selbstverständlich ungenügend, weil im gesellschaftlichen (realen) Sein dieses Faktum erkennbar und fühlbar eine untergeordnete Rolle spielt.
Die menschliche Gesellschaft ist bekanntlich seit Jahrtausenden arbeitsteilig formiert (aufgestellt, konfiguriert); das hat zur Folge, dass der Einzelne in der Gesellschaft aufgeht und dadurch “besser” überlebt. Gesellschaft ist ein Organismus; jeder Einzelne konzeptionell ein Organ seiner Gesellschaft. Die Gesellschaft besteht, weil ihre Organe funktionieren.
Aus der Perspektive des Einzelnen ist der Übergang zum (sozialen) Makrokosmos als fließend anzunehmen. Zur bio-atomaren Welt ist andererseits die Grenze schlicht
nicht bekannt, nicht definiert, also offen. Der menschliche Überlebensinstinkt als Funktionsprinzip, das seinen Ursprung in der bio-atomaren Welt hat, allerdings anerkannt.
Die Wirkung des Überlebensinstinktes im sozialen Kosmos wurde im Laufe der Entwicklung jeder menschlichen Gesellschaft durch Kultur veredelt. Der nackte Überlebensinstinkt ist sublimiert, in umfangreiche soziale Software (u.a. Rechtsordnungen, d.h., Gesellschaftsverträge) eingebettet.
Das führt zurück zum Postulat, menschliches Sein modellhaft als Computer- Hardware, Software mit Datenbestand zu beschreiben. Dies ist ein rationales Kalkül.
Zu fragen ist, ob der (reale) Mensch, täglich seiend, handelnd und beobachtet diese Vorstellung akzeptieren kann; andernfalls wäre das Modell hinfällig.
Lässt sich die Sinnfrage menschlicher Existenz, den (sublimierten) Überlebensinstinkt bejahend, unter der Voraussetzung des prima facie deterministischen Modelles (Computer-Software-Daten) positiv beantworten?
Ja. Dies muss nicht überraschen. Auch dann nicht, wenn jegliche andere Auffassungen hierzu (perfekt) toleriert wird.
An die Begründung der Vorstehenden sei mit einem gedanklichen Experiment herangegangen: Gefragt sei, weitergehend als Sokrates, ob der Einzelne weiß was er
(selbst) weiß. Es könnte das Wissensinventar “erstellt” werden. Beginn Zeitpunkt t1; Fertigstellung zum Zeitpunkt t2.
- Seit vielen Jahren postuliert die Psychologie die Existenz des Unterbewusstseins. Demzufolge kann der Mensch sein Wissen nicht
vollständig erfassen.
- t2 minus t1 ist, sogar sehr viel, größer als Null. Was geschieht in dem Zeitabschnitt?
- Es kann nicht hinreichend sichergestellt werden, dass die zur Beschreibung des Wissensinventars erforderlichen Begriffe (Wörter)
durch die laufende soziale Interaktion im Zeitabschnitt nicht verändert werden.
- Wie also den Erkenntnisgewinn im Zeitabschnitt (er-)fassen? Unter Gewinn ist auch die (u.U. begriffsbedingte) Erkenntnisänderung zu
verstehen.
- Eventuell aus dem Unterbewusstsein hervorgeholtes Wissen kann sich spontan zu neuem Wissen kombinieren. Der Prozess müsste
beherrschbar sein.
Mit der inperfekten Aufzählung soll lediglich gezeigt werden, dass kein Mensch sein Wissensinventar, notwendigerweise reproduzierbar, “kennen” kann.
Wird akzeptiert, dass Wissen Verhalten zumindest mitbestimmt
, wird erfahrungbestätigend klar, dass (künftiges) menschliches Verhalten nicht bestimmbar, also unbestimmt ist. Erst recht ist kollektives (gesellschaftliches)
Verhalten nicht bestimmbar. Das Prinzip der sozialwissenschaftlichen
Unbestimmtheit gilt also auch, möglicherweise sogar erst recht, für jedes Individuum.
Das rationale Meta-Kalkül zerstört die herkömmlichen Anschauungen zur Sinn- Frage menschlicher Existenz nicht. Im Gegenteil: Rein praktisch wird die
Sinnhaftigkeit der menschlichen Existenz sogar verstärkt. Wie bereits postuliert, kann der Mensch insofern “problemlos” mit dem dargelegten rationalen Kalkül leben.
Sogar der Raum etwa für religiöse Anschauungen, denen zufolge das Schicksal des Menschen in der Hand Gottes liegt, ist nicht eingeengt. Immerhin ist Glauben eine
Handlung, die vielfältig Nicht-Wissen ersetzt. Die religiöse Grundauffassung, also der Glaube an Gott, koexistiert widerspruchsfrei mit der rationalen Meta-Konzept zu Mensch und Gesellschaft.
Deutlich müsste sein, dass Anschauungen, die besseres Wissen über Mensch und Gesellschaft beanspruchen, daher Transaktionen im Sinne von Vorschriften für
individuelles Verhalten doktrinär definieren, auf fehlerhaften Denken beruhen, d.h., regelmäßig fehlerhaft sind. Dem widerspricht jedoch nicht, die Rechtsordnung als Gesellschaftsvertrag, d.h., eine, zwingend gewollte, Vereinbarung, zu verstehen. Einzig Handlungen, die auf Zerstörung des Menschen (Widerspruch zum Überlebensinstinkt) hinauslaufen, sind rational unerlaubt.
Daraus ergibt sich folgende Wertehierarchie:
- liberales Menschenrecht
- liberale Friedenspolitik, möglich durch
Toleranz
- das Postulat “Privat vor Staat”; besonders persönliche Lebensentwürfe betreffend
- liberale Marktwirtschaft und schließlich
- offene Gesellschaft
Auch wenn es gelegentlich noch etwas genauer formuliert werden könnte: Sozialistische und konservative Auffassungen, auch wenn gutmeinend postuliert, sind damit abgeräumt. Definitv.
|