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Stand: 1, November 2003, 8:00 / 30.10.03

Über die gegenseitige Abhängigkeit von Arbeit und Kapital

Seit Karl Marx das Thema. Nur durch Arbeit aktiviert, wird Kapital zum wirtschaft- lichen Faktor. Den Ertrag kapitalbasierter Arbeit nannte Marx “Mehrwert”. Schon der erste dem Kapital zugeordnete Ertrags-Cent sei Ausbeutung der “Lohnabhän- gigen”; es ist selbstverständlich nicht verboten, solches auch heute zu sagen. Entscheidend: Was folgt daraus? Für Marx: Expropiation der Expropiateure; ent- sprechendes Machen, unterkühlt ausgedrückt, allerdings von Nachteil für alle, wie vielfach vor 1917, als Marxisten erstmals ihre Chance nutzten, vorausgese- hen. “Die Expropiation” hat sich, wie erlebt, wiederum unterkühlt, nicht bewährt.

Es gibt mehrere Abhängigkeiten von Arbeit und Kapital:

  1. Arbeit aktiviert Kapital
  2. Kapital potenziert Arbeit
  3. Statisch betrachtet ist die Summe von Lohn und Profit konstant
  4. Dynamisch betrachtet ist die Abhängigkeit von Arbeit und Kapital komplex; nur in Teilaspekten zu durchdringen. Gesellschaft müsste sich dazu im Übrigen selbst verstehen können.

Im Folgenden geht es um (3), die statische Betrachtung.

Preise hängen bei gegebenen Marktverhältnissen nicht von Kosten ab. Die Aufteilung der Differenz, d.h., des Mehrwertes

Umsatz - Steuern - Fremdkapitalzinsen - Material (Bezüge) - Abschreibungen
                                         = Lohnkosten + Profit

ist seit Marx Gegenstand heftiger Kontroversen. Da die Kapitaleigner die Angriffe sozialistischer Parteien und Gewerkschaften nicht beherrschen konnten, wurde die Kontroverse, von allen gewollt, in die politische Ebene verlagert. Der Konflikt wurde nie gelöst; in einigen Ländern gibt es zwar Waffenstillstand, aber kein Frie- densabkommen; das wird auch noch lange dauern. Liberalerseits ist die Kontro- verse, ohne jegliche Voreingenommenheit aufzugreifen, um sie langfristig “mit Geduld und Spucke” zu lösen.

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Erhielte der Faktor Arbeit den gesamten “Mehrwert” wanderte Kapital unter die Matratze, entzöge sich ungeniert der Sozialpflichtigkeit . Wollte der Faktor Kapital den gesamten Mehrwert, würde sich der Kapitaleigner “sicherlich” lange bemühen müssen, Mitarbeiter zu gewinnen.

Bedenken wir das Problem noch einmal Schritt für Schritt vom Extrem Null-Profit kommend. “Akzeptiert” der Faktor Arbeit zunehmend Kapitalprofit wird das tote Kapital, interessenbedingt, nach und nach unter der Matratze hervorkriechen. Welcher Kapitaleigner möchte sein Kapital nicht mehren? Das aber liegt auch im Interesse der Arbeitnehmer. Arbeit wird bei Einsatz von Werkzeugen, Gebäuden, Büroausstattung, usw. doch viel bequemer; ökonomisch ausgedrückt also pro- duktiver: Gleiche Anstrengung, mehr Produktion, also auch höherer Mehrwert u. deswegen höheres Lohnpotenzial; die Motivation der Lohnempfänger steigt. Die- se Motivation sinkt jedoch, wenn der Lohnanteil am Mehrwert zu gering wird. Das Nachsehen hat der Kapitaleigner. Der Effekt wird noch dadurch verstärkt, dass sowohl im Extremfall Null-Profit wie Null-Lohn der Mehrwert am geringsten ist (sogar den Wert Null erreicht) hingegen aber ein Maximum bei optimaler Vertei- lung des Mehrwertes zwischen Arbeit und Kapital (Beweis ist nachzuliefern).

Das Wort “optimal” lassen wir einmal auf der Zunge zergehen. Wie wohl Schlau- meier / Besserwisser mit den Hufen scharren, um auch das zu lösen, zu gestal- ten. Wirklich lösen? Geht das? Für komplette Branchen, oder die Volkswirt- schaft insgesamt? Oder ist der Flächentarif gar nicht das Gelbe vom Ei einer funktionstüchtigen, erfolgreichen, also der (Tautologie!) Sozialmarktwirtschaft? Oder wollen Sozialisten den Flächeneinheitstarif mit dem Ziel, Marktwirtschaft diskret zu beschädigen? Es gibt zahllose Faktoren die im konkreten Unterneh- men die “optimale” Verteilung des Mehrwertes bestimmen. Wir stoßen an Gren- zen der Erkenntnismöglichkeit. Klar ist, dass auch der Kapitaleigner die glei- che “optimale” Verteilung des Mehrwertes anstrebt; denn nur motivierte Arbeit- nehmer maximieren die Produktivität von Kapital. Es mag eine unüberbrückbare Differenz zwischen der Optimalität aus Sicht der Beschäftigten und der des Kapi- taleigners wahrnehmbar bleiben. Ein rationales Kalkül hierzu gibt es, vermutlich nie. Also entscheiden letztendlich die Gefühle. Die aber gibt es nicht ex Gewerk- schafts- oder noch weniger ex Parteizentrale. Der Kapitaleigner, der dem Faktor Arbeit auf Augenhöhe begegnet (häufigere Praxis als es Sozialisten in den Kram passt), wird ganz bestimmt die Einigung eher “hinbekommen”. Fairness hilft aus heutiger Sicht gewiss bis zum Zeithorizont. Danach würde weiter zu sehen sein. Vielleicht bequemen sich die Gewerkschaften zwischenzeitlich dazu, ihren Widerstand gegen die signifikante Kapitalbeteiligung des Faktors Arbeit.

Wir sind also heute schlauer als vor 40-50 Jahren. Lohnfindung muss, bei Abwä- gung von Vor- und Nachteilen, stärker als bisher von der Realität des konkreten einzelnen Unternehmens bestimmt sein. Im Unternehmen kennt man sich, die Mitglieder (alle Beschäftigten, also einschließlich der ggf. geschäftsführenden Kapitaleigner) des Unternehmens kennen Markchancen, technische Entwick- lungs- und Produktivitätspotenziale sowohl vom Faktor Arbeit wie vom Faktor Kapital. Alle im Unternehmen sind gut in der Lage, ihre Interessen an nachhaltig “gutem” Lohn besser einschätzen als alle, die betriebsfremd sind. Die Gewerk- schaft kann als Berater mit globalem Know-How unschätzbare Dienste leisten; schließlich ist der faire Ausgleich eine wichtige Voraussetzung für hohe Produk- tivität aller in der Wirtschaft eingesetzten Ressourcen. Aber das Gewerkschafts- diktat muss fallen. (01.11.03: Außerdem gleichzeitig à la FDP: Steuerreform), die bereits im Juli 2002 von HO Solms konzipiert wurde und auf Beschlüssen (15-25-35) beruht, die die FDP vor langem gefasst hat)

Die stärkere betriebliche Verankerung der Lohnfindung ist besonders unter dem Gesichtspunkt der höchst komplizierten Dynamik des Verhältnisses von Arbeit und Kapital, angesichts jahrelang zunehmender Zentralisierung, die “bessere” Lö- sung ... “Besser”, unter dem Gesichtspunkt, dass das Gleichgewicht zwischen Anspruch und Leistung sich hierzulande wieder einstellt. Es sollte dies echt ge- wollt werden ... wegen der weitergehenden (positiven) Folge- und Nebenwirkun- gen. Wer diese “Vorteile” nicht sieht, nicht sehen will, ist Sozialist. Liberale unbeirrbar: Das Recht Sozialist “zu sein” besteht. Irren tut solcher Zeitgenosse aber trotzdem. Und das wird deutlich ausgesprochen:

Naa, OMMleinchen, unser aller politisches Schweinigel der Saison, wie steht es mit den Strukturreformen denn so? Ach, OMM sieht nichts ...
            
                        Hinweis: “Verstehen” ist kein Kanzler-Privileg ...
 

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