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Liberale & Konservative

Stand: 24. Juli 2007, 10:00

Liberale und Konservative

Dass Konservative Parolen wohlfeil dreschen können, haben wir nun 60 Jahre lang erlebt. Und sie bewegen damit beispielsweise noch heute 35% der Wähler. „Mehr Freiheit wagen“, der Hit von 2005; die Autorin firmiert derzeit mit Hase.

Es sind aber vielfach - irrationale - Parolen der Angst. Diese Parolen lassen sich durchaus seriös (Seriöslinge) verpacken und ggf. häppchenweise im wählermaximierendem Timing bringen. Aber materiell steckt nichts dahinter. Beispiel: Staatlicher Zugriff auf persönliche Rechner am Internet. Angenommen Merkel und Schäuble kriegen die SPD klein - was bei denen mit ihrer
politischen Atemnot nicht ausgeschlossen ist
- gibt es das Gesetz. Weil keinem Verbrecher Tips gegeben werden sollen, wird es so ausgedrückt: Keine Silbe von jenen, die wirklich Bombenlegen wollen, werden die ermittelnden Beamten finden. Keine Einzige. Um zu überlegen, ob die Bombenleger von ihren Vorhaben ablassen, nur weil es „das Gesetz“ gibt, ist Schäuble erfahren genug. Er weiß es garantiert ganz genau. Trotzdem kommt der untaugliche Vorschlag einer aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit ohnehin unsäglichen Maßnahme. Warum? Schäuble schiebt Sicherheit vor, macht aber den Bürgern mit bösen Terroristen (1) Angst und die CDU/CSU dadurch ein wenig beliebter. Je beliebter desto besser lässt mit dem eigenen Sendungsbewusstsein frönen ... und angenehmerweise an der Macht bleiben.

Konservativen, d.h., die CDU/CSU sind in der Lage, allerlei Positionen “in dieser Gesellschaft” mit ihren Leuten zu besetzen. Das gibt Macht, darüber hinaus mit Abberufung zu drohen oder die Beförderung zu verweigern. Himmel den Schleimern, den Beflissenen, dem vorauseilenden Gehorsam, den Angepassten; Hölle den Unbotmäßigen (2). Wettbewerb? Pfui, Teufel. Diese Art der Willkür war auch in den Regimen der absoluten Herrscher Gang und Gäbe. Auf Erden zu wenig Neues.

Diese Befunde sind ausreichend, um nachvollziehbar zu begründen, warum Konservative (wie Sozialisten) strukturell gewalttätig (3) sind. Der Befund besteht, obwohl es jeweils eine große Bandbreite für Gewalttätigkeit gibt: Vom Sanften bis zum Radikalen. Jedenfalls – und das ist das Entscheidende – ist die beschriebene Gewalttätigkeit auf das Fehlen von Argumenten zurückzuführen. Die programmatische Klammer, die wirksam/nachhaltig trägt, haben die Konservativen nicht (4).

Aus konservativer Sicht sind Liberale, für die der Einzelne, nicht das System oder die Gesellschaft zu erst zählen oder etwa „Privat vor Staat“ rangiert, „brandgefährliche“ Wettbewerber. Wird die kritische Masse derer, die die verstaatlichende Enteignung ihres Arbeitsertrages spüren groß genug, gibt es einen Erdrutsch – zu Ungunsten der Konservativen. Die CDU/CSU kann und wird reagieren, wenn die liberale Tendenz stärker wird. (a) In der Personalpolitik auf unabhängigere Geister setzen, (b) Öfter inhaltliche Abweichungen in den eigenen Reihen nicht sanktionieren (c) die Aktivität der Vorfeldorganisationen stärken. Dass diesen Strategien das Risiko, Geschlossenheit signifikant einzubüßen erhöht, muss sicher nicht weiter ausgeführt werden.

Bei ihrer Strategie des wehret-den-Anfängen, kommt den Konservativen zu Gute, dass die Sozialisten Freiheit und Autonomie des Einzelnen mit zersetzender, Antisystem-Intention propagieren. Da die CDU/CSU Freiheit normalerweise abstrakt adressiert, lassen sich Freiheit und Autonomie daher im Konkreten ohne große Umstände denunzieren; zur Begründung setzen Konservative wiederum abstrakte Moralprinzipien oder aber das Argument abstrakter Schädlichkeit für die Gesellschaft ein. Dieses Verhalten wird als

Perversion des natürlichen Gemeinsinns der Menschen

bezeichnet. Etwa die Methode der FAZ-Redaktion, in Zusammenhang mit Abstimmungen zu Bürgerrechten FDP, Grüne und SED in einem Atemzug zu nennen, obwohl der geistige Hintergrund der entsprechenden Aussagen unterschiedlicher nicht sein kann, ist ein Beleg für die reale Geringschätzung von Freiheit. Feine Sache, liberal verstandene Freiheit auf der Basis sozialistischer Theorie und Praxis zu (in diesem Fall kontextuell) denunzieren. Es genügt eben nicht, Freiheit nur zuzulassen, solange „ich“ senden kann und an der Macht bleibe. Für Freiheit des Einzelnen tritt der nicht ein, der bestrebt ist, die eigene Position gegen Kritik zu immunisieren.

Keine Frage: Nach GG ist all das erlaubt … Handeln Konservative mit böswilliger Absicht? Einzelfälle dürfen ohnehin nicht verallgemeinert werden. Konservatives Handeln wird allerdings von Unfähigkeit bestimmt. Sie besteht u.a. darin, den Sozialisten die Bälle zuzuspielen. (a) Ihre wenigen partiell-liberalen Ansätze der Denunziation auszusetzen und wichtiger (b) den Sozialisten die Möglichkeit einzuräumen, der Debatte mit deren antagonistischen Widersachern, d.h., den Liberalen systematisch aus dem Weg zu gehen, bzw. maßgeblich die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass Sozialisten es sich leisten können, die Debatte mit den Liberalen durch „neoliberal“ oder andere Pejorativa zu erledigen. All das ist nach dem GG erlaubt …

Bloß, bringt es die Menschen im unterstellten Bestreben im Dschungel der hocharbeitsteiligen Weltgesellschaft ein erfülltes Leben zu führen weiter? Vorsichtig: Eher nein.

Seit Jahrzehnten formiert sich die Gesellschaft in Deutschland Schritt für Schritt sozialistischer (5). Zwar wird die CDU/CSU nicht müde Sozialismus „abzulehnen“; aber es geschieht das Gegenteil. Resultatbasierte Führungsfähigkeit haben die Konservativen also nicht bewiesen.

Es gibt in jeder Gesellschaft, auch der deutschen, einen sehr kleinen Zirkel der Mächtigsten. Dieser Umstand mag aus liberaler Sicht bedauernswert sein, ist aber eine der Bildungen (Begriff nach Hajek, Konstruktivismus) die sich eben bewährt haben. Dazu gehören all jene, die „um endlich zu Reformen zu kom- men“, 2005 die große Koalition wollten und bekommen haben. Um die Führung in diesem Zirkel geht es bei der Aussage:

Die Führung der CDU/FAZ/CSU wird bestritten.

Sozialistische Mentalität wird nicht durch Angst vor Sozialisten überwunden, sondern durch eine ausreichend große Anzahl von Bürgern, die Sozialismus rational ablehnen. „Der Zirkel“ wird sich aufgrund seiner Natur nicht auflösen, sondern reproduzieren. Wie also ist die Elite der Elite liberal zu bestücken? Ihr, stets demokratie- und liberalkompatibel handelnd, die Basis entziehen: Die CDU/CSU ist bis auf ihren konservativen Kern abzuwickeln. Dies zu sagen/schreiben ist unwichtig. Es muss geschehen, weil es keinen anderen Weg gibt. Und das wissen die Konservativen selbstverständlich. Konservative stehen den Liberalen im Wege – auch dann, wenn Koalitionen miteinander gefahren werden.

Hinzu kommt das konservative Wirken als
Steigbügelhalter für Sozialismus.

Spannungsreicher kann das Verhältnis der Liberalen zu keiner Partei sein. Besser also eine Prise Sozialismus in der FDP? Auch nicht.

So ist das mit den Liberalen und Konservativen. Alles ist so schwierig? Mit den Sozialisten und so? Nun, die Zeiten des Wirtschaftswunders, als in jeder Bezie- hung Zulangen genügte, sind schon ziemlich lange vorbei. Auch die hohen Da- men und Herren der Republik müssen - glatt untertrieben - einen Zahn zulegen.

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(1) Die Kommunisten schnüffelten etwa per Stasi mit der Begründung, es sei der Gefahr zu begegnen, dass böse Kapitalisten den Menschen ihre sozialistischen Errungenschaften wieder entreißen.
(2) Etwa Abberufungen wegen zielbezogener konkreter Unfähigkeit müssen selbstverständlich möglich sein; einige Bedingungen müssen dabei erfüllt sein: Zielvorgabe, laufende Erfolgskontrolle, eine Warnung, Transparenz.
(3) Diese Gewalt ist selbstverständlich nicht physische Gewalt. Aber sehr wohl psychische und soziale Gewalt. Sozialisten nannten dies vor 30-40 Jahren diffus „Systemgewalt“; diffus, weil ein System als solches nicht handelt, also auch nicht gewalttätig sein kann. Es sind allerdings Personen durch gemeinsame Ansichten und das disziplinierende Interesse der Macht verbunden. Verhaltensmuster: Das Gleiche wie das der organisierten Kriminalität: Intransparent, verschworen und unerbittlich – in der zeitgenössischen, westlichen Demokratie selbstverständlich ohne Morde auszuführen.
(4) Wieviele Funktionsträger/Mitglieder der CDU/CSU gibt es, die das Pofalla- Programm als Blaupause ihrer konkreten Regierungspolitik ernst nehmen?
(5) Heute kann es der Vorsitzende einer im Parlament vertretenen Partei sogar erlauben, Gestalten wie Castro oder Chavez zu loben …

 

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