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Stand: 25. August 2008, 16:00 / 15.01.2006 / 25.09.05 / 03.07.05
letzte Änderungen kursiv s. “Das Prinzip in einem Satz” in der Mitte des Aufsatzes

 

Politische Aussagen kontrastieren oder glätten?

Das hängt von der Absicht des Handelnden ab. Volksparteien glätten (“verdurch- schnittlichen”) tendenziell, weil sie die Absicht haben, Wähler mit relativ hetero- genen politischen Standpunkten zu gewinnen. Die “neue Mitte” der SPD’1998 ist Ausdruck dieses Prinzips. Bei der CDU/CSU ist die Tendenz zur Glättung eben- falls ausgeprägt. “Soziale Marktwirtschaft”, “Sozialstaat” oder “paritätische Finan- zierung der Sozialpolitik” (von der SPD inzwischen übernommen) sind die wich- tigsten Beispiele.

Dies führt zwar zur wörtlichen Übereinstimmung von Aussagen aber - selbstver- ständlich - nicht zum inhaltlichen Konsens. Konflikte werden systematisch unter den Teppich gekehrt und wirken weiter, weil die Teilprobleme ungelöst bleiben.

Ernst zu nehmende politische Praktiker vertreten hierzu die Auffassung, “Aussa- ge-Glätten” sei für das politisch-gesellschaftliche Konfliktmanagement erforder- lich. Frieden durch Konfliktbereinigung (1). Lieb gedacht, machbar eventuell in der Massengesellschaft, mit Glauben an politische Führungen unter Ausschaltung von Gedankenfreiheit - eklatanter Widerspruch zum durch ‘Investition’ Gebildeten, der im “nächsten Kapitel” etwa von Regierungsprogrammen schamlos als autono- mer Menschen postuliert wird. Heuchelei oder Frechheit? “Beherrschbarkeit” von Konflikten, so lernen wir aus der Geschichte, ist in Diktaturen herstellbar ...

Jede “Aussage-Glättung” steht jedoch in Widerspruch zu Demokratie (2) . Hierbei ist unerheblich, ob eine konkrete “Aussage-Glättung” sich trial-error bewährt hat oder ausnahmsweise im formalen Kompromiss entworfen wurde. Zu bedenken in diesem Zusammenhang, dass sowohl Meinung wie Evolution von Meinung mul- tivariable Phänomene sind, die überdies grundsätzlich nicht verstanden werden können. “Wir wissen eben bestenfalls partiell, was wir tun”.

 

Dialektik als Methode

Marxisten und Sozialisten nutzen die Dialektik, um Widersprüche aufzuzeigen. Dem folgt die Denunziation unhaltbarer Zustände. Ihre Überwindung, als Synthe- se in Aussicht gestellt, stillschweigend gedanklich-programmatischer und gesell- schaftlicher Fortschritt, legitimiert den Aussagenden “die Macht” zu übernehmen. Wahrgenommene Plausibilität ist bei bekannter Ungenauigkeit jeglichen Denkens ein wichtiges Kriterium für individuelle Zustimmung; das Weitere ergibt sich aus real erinnerten Aussagen (3) im sozio-kulturellen Kontext. Letzterer ändert sich nur langsam. In der operativen Politik (taktische, strategische Prozesspolitik) kommt es Sozialisten also darauf an, mit hinreichend komplexen und diffusen Begriffen (Operanden) bei Vielen die wahrgenommene Plausibilität der Argumen- tation zu verbessern, um so deren Zustimmung an der Wahlurne zu gewinnen.

Einzusehen ist noch, dass vom Einzelnen akzeptierte Entindividualisierung, d.h., Angleichung an den Anderen, den Konsens im Rahmen des (intellektuell-basier- ten) Diskurses erleichtert. Hierbei treffen sich die Intentionen von Sozialisten und Konservativen jeweils inhärent und folglich sogar symbiotisch.

 

Liberale gehen den umgekehrten Weg: Antidialektik

Widersprüche können durch “Löschen” aufgehoben werden. Verbote löschen, vernichten Verhaltensvarianten (“Freiheit”), etwa auch Märkte. Solchem Ansinnen dient der (real-) totalitäre Staat. Denkbar ist auch gedankliches Löschen. Etwa den Widerspruch von Kapital u. Lohn dadurch aufheben, dass Kapital der Ent- eignung zur Disposition gestellt wird (4). Der Widerspruch erscheint gelöscht - unabhängig von der Wahrscheinlichkeit der Umsetzung. Die Denunziation “der Heuschrecken” hat die gleiche Wirkung - übrigens unter schlitzohriger Nutzung weitergehender Assoziation bei den Empfängern, den einzelnen Wählern.

 

Das Prinzip ist in einem Satz:

Grau - eventuell in mehreren Schritten - in Weiß und Schwarz zerlegen.

Eine konzeptionelle Synthese in ihre Bestandteile, gar Widersprüche aufzulösen, konterkariert sozialistische und konservative Prozesspolitik. Außerdem wird Kommunikation durch Komplexitätsreduktion enorm erleichtert (i.S. von verbessert). Dies entspricht dem Prinzip ein komplexes Problem dadurch zu lösen, dass jeder der (einfacheren) Teilprobleme gelöst wird.

 

Beispiel Soziale Marktwirtschaft

gilt als Synthese von sozialer Gesellschaft und Markt-Wirtschaft in der Widersprüche konzeptionell aufgehoben sind. Grundgedanke ist, Gesellschaftlichkeit und Wirtschaftlichkeit so zu verbinden, dass jedes Individuum würdig lebt und Güter effizient hergestellt werden.

Problem: Es gibt keinen Maßstab, um Würde und Effizienz gegeneinander zu wiegen. Jede “soziale Forderung”, sei sie noch so exzessiv, lässt sich im Konzept der “sozialen Marktwirtschaft” nachjustierend unterbringen. Und wehe die “Forderung” wird abgelehnt. Totengräder der “sozialen Marktwirtschaft” die postwendende Denunziation. Siehe 7 Jahre Grünrot. Ein weiteres gutes Beispiel, die PM 350 / 05 der SPD vom 6. Juli 2005.

Liberale trennen zwischen Sozial und Marktwirtschaft, akzeptieren den (ver- meintlichen) Widerspruch und lösen beides separat.

Jede Gesellschaft benötigt, will Sozialpolitik. Gehen die Schwächsten unter, geht die Gesellschaft unter; Sozialpolitik “muss” sein. Unabhängig von der Wirtschaftsordnung. Da einerseits Sozialpolitik “steht”, kann sich andererseits Marktwirtschaft voll entfalten. Nur Extrema sind per Rechtsordnung zu sanktionieren: Keine Monopole (systemwidrig), keine Diskriminierung und keine Ausbeutung der Schwachen (Achtung der Menschenwürde jederzeit).

 

Beispiel Gewerkschaften

Sozialisten wollen für Gewerkschaften eine umfassende Zuständigkeit, schließ- lich vertreten sie die Mehrheit, nämlich die Arbeitnehmer.

Problem: Einen höheren Lohn zu wollen ist zunächst legitim; auch dann noch, wenn deswegen ausnahmsweise das einer oder andere Unternehmen pleite geht. In einem Handelnden Gehaltsforderung und gesamtgesellschaftlicher Gestaltungs- anspruch sind zwei Interessen in einem, in dem Verantwortung für das Ganze, nachvollziehbarer, verkümmert. Nuin haben wir gesehen, dass nicht einmal 4,00 - 5,00 Mio Arbeitslose den Wunsch nach Lohnsteigerung bremst.

Liberale trennen die Funktionen. Ja, zum Arbeiterverein, ja zur Vertretung der Ar- beitnehmer als Einzelne. Nein zu Kompetenz, zu Befugnissen im volkswirtschaft- lichen und politischen Raum. Deswegen schrittweise “Entmachtung” der Funktio- näre - so lange “Vertretung” machbar und bis der gesamtpolitische Einfluss (etwa Fähigkeit Eigenkapital der Unternehmen systematisch zu dezimieren) vernach- lässigbar ist.

 

Beispiel Staat

Sozialisten wollen den Sozialstaat, der Verantwortung sozialisiert und Solidarität für jeden Einzelnen organisiert.

Problem: Mensch-Mensch-Beziehungen werden systematisch durch Mensch- Staat-Mensch-Beziehungen ersetzt. Der omnikompetente Staat ist schwach: Politiker werden für alles verantwortlich gemacht, verkommen zum wandelnden Vermittlungsausschuss, vertreten Interessen u. generieren Minderheiten, treten nicht gegen jedermann neutral auf.

Liberale: Der Einzelne wird nicht vergesellschaftet. Sein privates besteht genau- so wie sein öffentliches Sein. Der starke liberale Staat hat die Funktion eines (politischen) Richters. Da die Justiz und die durch die parlamentarisch delegierte Exekutive geführte Staatsverwaltung (5) dem Einzelnen nur das abverlangen, was alle gemeinsam interessiert, ist der so gesehen starke Staat nicht totalitär und damit für alle akzeptabel.

Selbstverständlich ist es ein großes Problem in einer egoistischen, nehme-was- Du-kannst Gesellschaft Fairness als Leitbild für individuelles Verhalten zu verankern. Da dies auf jeden Fall wünschenswert ist: Wollen steht am Anfang ...

 

Beispiel Sozialismus

Sozialismus-Kritik ist bekannt. Sozialisten daher “an den Mond schießen”?

Problem: Menschen nie entwürdigend, etwa mit Tierbezeichnungen qualifizieren; 

Liberale: Kritik, auch Polemik, zielt stets auf (erkennbares) Verhalten ab. Sozialisten haben also jedes ‘Recht’ ihr Programm zu vertreten und im Rahmen demokratischer Prozesse auch umzusetzen. ABER ihr Programm ist unmoralisch (z.B. betrügerisch), weil die entsprechenden Verheißungen und Versprechen nicht realisierbar sind.

 

Beispiel Solidarität

Verdient jeder Mensch, der Kummer hat etwa finanzielle Solidarität?

Liberale: Nein. Nur wer von sozioökonomischem Untergang akut bedroht ist, er- hält das Erforderliche, um Untergang zu vermeiden; koste es was es wolle; auch wenn das anderen fühlbare ökonomische Einbußen auferlegt. Menschenwürde geht vor. Keine “Solidarität” also etwa dem früheren GmbH-Geschäftsführer, der aus welchem Grund auch immer künftig sein Brot am Empfang verdient.

 

Beispiel Befreiung

Staat zum Schutz aller. Daher sind Beiträge (mit Freiheits- verlust) im Prinzip von allen erforderlich. Staat “anzugreifen” ist widersinnig, weil wir alle gemeinsam “Staat sind”.

Liberale: Fokussieren auf die Mitmenschen, die Entmündigung und Freiheitsver- lust konkret veranlassen. Das sind unsere Politiker, die in der repräsentativen Demokratie unverzichtbar sind (5). Menschen entmündigen sich untereinander (5). Daher Befreiung des Menschen vom Menschen. Liberales Sicherheitsnetz dazu: Auch Politiker sind Träger von Menschenwürde. Gewissensfreiheit (Art. 38GG), körperliche Unversehrtheit, usw. für jeden. Politiker sind an Verhaltensregeln ge- bunden, die ihr Handeln legitimieren, die sie aber nur selber ändern können (sollen). Verstärkt daher: Menschen sollen Menschen befreien.

 

Beispiel Sozialpolitik

Als soziale Gießkanne ? Alle erhalten das Gleiche nach dem Objektprinzip : Etwa “Bürgerversicherung”, Kindergeld, gratis oder subventionierter ÖPNV, unentgeltliche Ausbildung?

Nein, liberale Lösung ist “Bürgergeld”. Das ist Sozialpolitik nach dem Subjekt- prinzip (Anträge auf Unterstützung aus dem Steueraufkommen sind keine Kör- perverletzung), denn: Schutz der Schwächsten ist Selbstschutz der Gesellschaft

 

Beispiel paritätische Finanzierung der Sozialpolitik

Da in der arbeitsteiligen Gesellschaft etwa der Soldat in Afghanistan oder das MdB “keine Zeit” haben, sich um “Schwächere” zu kümmern, wird seine “soziale Verantwortung” verstaatlicht und Pflicht durch Abgaben abgelöst. Bei der paritäti- schen Finanzierung der Sozialversicherung denkt der Arbeitnehmer: “Der Arbeit- geber beteiligt sich” und der Kapitaleigner denkt: “Mir ist egal, an wen ich zahle”. Die weitere Wirkung: Der Schwächste wird von allen finanziert. Letzteres ist richtig.

Liberale: Nur wer Bruttolohn plus Lohnnebenkosten erwirtschaftet, “hat” einen Arbeitsvertrag. Richtig ist weitergehend: Die Arbeitnehmer bilden (teilweise intergenerationell) untereinander eine Risikogemeinschaft, in der die Beiträge proportional zum Bruttolohn steigen. Warum aber soll der Mittelverdiener vom Hochverdiener finanziert werden? Unter dem Titel “paritätische Finanzierung” gehen diese Gesichtspunkte in der realen Wahrnehmung unter und führen zu kollektiver Ver- antwortungslosigkeit.

 

Zum Vorgehen

Machen. Sprechen: Reden, Texte, Talk Shows, Aufsätze in Fachzeitschriften, Tagungen, Kongresse. Argumentieren: Aussagen in Zweifel ziehen, auseinan- dernehmen, falsches Denken anprangern (Sozialisten diesbezüglich empfindlich). Ironisieren, Konkretisierung verlangen, die inneren Widersprüche bei passenden Umständen aufdecken. Hierbei stets an Popper denken. Die PM 350/05 der SPD zerschellt an falschem Denken.

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Fussnoten:

(1) Andere Konflikte brechen aus, weil Menschen, ihrem Überlebensinstinkt fol- gend, sich permanent an den Grenzen ihres Vermögens, ihrer Freiheit versuchen. Die gestaltete Bereinigung findet in der Wettbewerbsdemokratie überwiegend hinter Kulissen, also intransparent statt. Die daher fehlende Nachvollziehbarkeit beruhigt die Konfliktpartner eher weniger. Die Spirale, in der eine “Regulierung” die nächste nach sich zieht, kommt in Gang: Hypertrophie des Normengefüges das Resultat. Die Phänomene sind seit langem bekannt, eine dem entsprechen- de “neue Aufklärung” gegen die Entmündigung der Menschen findet nicht statt.

(2) Demokratie als Freiheit von Meinungsangebot und Meinungsnachfrage oder: Meinungsfreiheit und Partizipation

(3) Zu den Vorgehensweisen, den Bestand “erinnerter, präsenter Aussagen” zu verändern, siehe politische Kommunikation.

(4) Nachhaltig ist die Maßnahme nur dann, wenn jegliches Eigentum aufgeho- ben (Eigentumsrecht gelöscht, Eigentum verboten) wird. Das ist widernatürlich. Wird jedoch etwas (persönliches) Eigentum zugelassen, ist das die Saat etwa von Handel, dem der Einzelne auch nach dem Arbeitstag, privat, nachgehen kann

(5) Parlament gleich Bürger

(6) In Kreisen der CDU/CSU wurde vorgeschlagen, dass sowohl Eltern und wie Kinder für den Unterhalt der Langzeitarbeitslosen in der eigenen Familie aufkommen sollen. Es bleibe offen, ob der Vorschlag passt. Jedenfalls führt die SPD in ihrer PM 350/05 dazu u.a. aus: “ ... Das ist das Ende der organisierten Solidarität in unserer Gesellschaft. Das ist das Ende der sozialen Marktwirtschaft ...” Das sagen/schreiben Leute, von denen man nicht behaupten kann, sie seien auf den Kopf gefallen. Sie wollen mit Sicherheit nicht ihre intellektuelle Apoptose. Warum also die Gegenüberstellung von Unterhalt der Langzeitarbeitslosen mit soziale Marktwirtschaft? Auch im Sozialismus gibt es Nachtigallen

 

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