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moralische Achillesferse

Stand: 12+14+16. Juni 2004, 12:00

Die moralische Achillesferse der CDU/CSU

Ihre Leistung der Integration ist anerkannt. Die CDU/CSU hat sich auf dieser Grundlage seit 1957 neben der SPD als Marktführer im politischen Geschäft mit einem Wähleranteil jenseits der 40% fest etabliert.

Die SPD, marxistischer Herkunft, als verlängerter Arm der Gewerkschaften be- reits konsolidiert, reagierte per Godesberger Parteitag auf schon damals sichtba- re Widersprüche / Fehlleistungen der sog. “sozialistischen Welt”. Die SPD setzte dennoch unverändert auf privat oder staatlich in unteren bis oberen Lohnklassen angestellte Arbeitnehmer. Die stillschweigende, nur hin wieder anklingende Leit- idee der SPD auf die sich ihr politisches Wirken deutlich konzentriert: Arbeitneh- mer aller Lohnklassen sind Ausgebeutete, müssen deswegen gefördert, per Sozialstaat geschützt werden. Die implizit systemsprengende Wirkung der Leit- idee wird - aus sozialistischer Sicht taktisch vorteilhaft - unterdrückt, verdrängt. Bis auf letztlich unwichtige interne Divergenzen ist die SPD wie seit eh und je in der Lage den monolithischen Auftritt darzustellen. Gut für ihren politischen Vertrieb ...

Den monolithischen Auftritt kann die CDU/CSU im Gegensatz zur SPD, übrigens auch der FDP nicht darstellen. Die CDU/CSU bestehend u.a. aus Christen, Na- tionalen (etwa Geflüchtete und Vertriebene aus Osteuropa) und seit 1961 zuneh- mend aus Konservativen, verkaufte Nachgeben “zu Gunsten” der Sozialisten als Ausdruck von Verantwortung für das (integrierte) Ganze, in den Zeiten des ag- gressiven Sozialismus nachvollziehbar, sogar gestandenen Unternehmern. Unter diesem Gesichtspunkt konnte die CDU/CSU früh auch Liberale gewinnen, gleich- zeitig ihre Sozialisten konservieren. Das Bild des sozialen Kaleidoskops wird ab- gerundet, wenn noch erwähnt wird, dass außerdem komplette Berufsstände, di- vergierenden Sachinteresses, sich “gesollt” (gewollt, gefördert) mit der CDU/CSU identifizieren. All dies erzeugt die Aura der Einigkeit, des Staatstragenden, des Kompromisses, des Verbindenden ... ausnahmslos Werte, gewiss ... in der poli- tischen Metaebene. Die CDU/CSU ist positiv ausgedrückt mehr als alle anderen Parteien in Deutschland ein politisches Kaufhaus oder negativ ausgedrückt, ein politischer Gemischtwarenladen. Bis hierher wird die CDU/CSU, sich selbst bestätigend/bejahend, mit Stolz reagieren: “Wir integrieren”. Schon weniger wird gefallen, dass von der spezifischen Wirkung der Teilaspekte abgesehen, die Inte- gration à la CDU/CSU die Tradition des Obrigkeitsstaates, modernisiert fort- schreibt und verstärkt. Die besserwissende und bessermeinende Obrigkeit (das sind Personen mit Namen und Adresse) ist als selbsternannter Träger der guten Einsicht sogar Wohltäter und ... in diesen Figuren damit unberührbar: Über eklektische Kompromisse in den Gremien der Republik, besser keine Worte ver- lieren ... es gibt genug Teppichhandlungen in Deutschland ...

Jenseits des vorstehenden Aperçu, zum Schmunzeln, hat die programmatische und soziale Konfiguration der CDU/CSU jedoch gravierende nachteilige Folgen für die gleiche, doch positiv zu integrierende Gesamtgesellschaft:

  1. Der unverzichtbare politische Diskurs findet, bei nur gelegentlicher öffent- licher Kontroverse, im Wesentlichen und damit systematisch hinter der verschlossenen Tür statt. Die ungünstigen Wirkungen. (1): Das Für und Wider im Prozess der Entscheidungsfindung wird nicht transparent, daher zumindest der Öffentlichkeit zu wenig bewusst. (2) Die Gefahr, dass nicht an der Sache sondern am Interesse entschieden wird, nimmt zu (3) Die Entscheidungen und ihre Darstellungen wirken unredlich und das Wich- tigste (4) Liberalismus wirkt abgemeldeter als vertreten, denn die Möglich- keit, den kontroversen öffentlichen Diskurs als Trasmissionsriemen für Ge- danken, Ideen und liberale Programme zu nutzen wird von der CDU/CSU, wenn überhaupt, zu wenig genutzt ... klar große Kreise in der CDU/CSU wollen (Legitimität selbstverständlich konzediert) genau das ...
  2. Im Spannungsverhältnis von Liberalismus und Sozialismus - nur darauf kommt es im übrigen seit schon seit Jahren wirklich an - ergibt sich kom- promiss-geglättet programmatisch ein schwaches, nicht kohärentes und diffuses Bild, das verinnerlicht, den Anliegen der Entstaatlichung und Be- freiung von Bevormundung im parlamentarischen Entscheidungsprozess nicht konsequent genug den nötigen Nachdruck verleiht: So lässt sich die CDU/CSU immer wieder etwa durch den Vorwurf der Blockade einschüch- tern; die CDU/CSU hat eben, strukturell bedingt, nicht das Rückgrat, um die Kontroverse um Bürgerrecht (einschließlich Marktwirtschaft) durchzu- stehen ( deswegen im Liberalen Tagebuch längst SSE.). Sozialisten be- setzen die Szene im öffentlichen Diskurs. Das ist - aus liberaler Sicht - falsch und nicht zielführend.

Anders ausgedrückt und zusammenfassend: Zwar fasst die CDU/CSU unter der Knute von Parteiräson oder den unerbittlichen Gesetzen des politischen Marke- tings durchaus Beschlüsse - auf ihren Parteitagen - hat aber nicht den Mumm diese in den Parlamenten umzusetzen. Der gemeinsame Nenner etwa zwischen Liberalen, Sozialisten und Nationalen, auch denen innerhalb der CDU/CSU, ist eben schmal; unter diesen Bedingungen kann auch die CDU/CSU nicht produzie- ren, denn die Kraft der Überzeugung entfaltet sich überhaupt nicht. Aber die inhä- rente strukturelle Schwäche entfaltet sich voll. Die CDU/CSU wird auf der pro- zesspolitischen Ebene Opfer ihrer (positiven) Integration ... in der politischen Metaebene, die so gesehen als wertepolitische Plattform die Gesellschaft disfunktionalisiert. Endstadium: Soziale Degeneration.

Die Fakten der vorstehenden Bestandsaufnahme sind den führenden Leuten der CDU/CSU gewiss bekannt. Ein Vorwurf sollte der CDU/CSU wegen ihrer struk- turellen Schwäche nicht gemacht werden; die CDU/CSU hat (die gleiche wie die der Sozialisten) Legitimität zu handeln, wie es seit Jahrzehnten geschieht.

Aber ein ganz anderes Urteil, ein schwerer Vorwurf, ergibt sich in der Ebene der Moral, die Bestandteil ihrer selbst definierten und politisch implementierten Metaebene ist:

Aus den dargelegten Erkenntnissen zieht die CDU/CSU nicht die sachlich gebotenen auch logischen Konsequenzen. Die CDU/CSU, als Ganzes, handelt wider besseres Wissen.

Statt dessen erleben wir dieser Tage beispielsweise, dass die CDU/CSU entge- gen dem was sich aus der o.a. Analyse ergibt, es konsequent darauf anlegt, ihren Stimmenanteil, also ihre Stellung im politischen Machtkartell Deutschlands weiter auszubauen. Etwa die unsäglichen Artikel in der FAZ vom 7. Juni 2004 sind Ausdruck des von der CDU/CSU geschaffenen Klimas. Die CDU/CSU agiert wie Mitglieder vom Stamme “Nimm”, die die typische Maßlosigkeit deutscher Nachkriegszeit verkörpern. Ist die SPD alleine “Schuld” an den Zuständen im Deutschland 2004?

Fazit: die politische Moral ist die Achillesferse der CDU/CSU.

Die CDU/CSU will etwas (gibt vor, zu wollen?), was nicht geht. Die Aussage ist auf der Basis der o.a. Analyse apodiktisch gemeint.

Es gibt noch eine andere Herangehensweise an das “Thema CDU/CSU”

Der politische Diskurs ist in Deutschland doch seit Jahren von großer Oberfläch- lichkeit und Unredlichkeit gekennzeichnet. Kardinal Lehmann hat dies, noch immer hochaktuell, in seiner Sylvester-Predigt vom 31. Dezember 2001 mehr als deutlich ausgedrückt. Ist die CDU/CSU etwa der Meinung sie habe keinen Anlass, die mahnenden Worte aus dem Hohem Dom zu Mainz auf sich zu beziehen? Edmund Stoiber sagt gelegentlich über Grünrot: “Die können es nicht”, was stimmt. Wenn die CDU/CSU tatsächlich der Meinung ist, sie müsse etwa aus den Worten von Kardinal Lehmann keine Konsequenzen ziehen, dann gilt:

Die “CDU/CSU” merkt “es” noch nicht einmal.

... ... wo in D’land sind die Lichtschalter?

Oder ... ... ?

Eben.

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Exkurs: Man kann zur Theologie stehen wie man will; man mag, früher mehr als heute, sich über den Anspruch der Kirchen an das private Leben der Menschen ärgern; aber es ist zuzugeben, dass Priester (positiv gemeinte Berufsbezeich- nung), die sich u.a. mit Gewissensfragen befassen, noch in jeder Gesellschaft unverzichtbare Organe sind. Ein Beispiel, es gibt derer aber viele, ist mit dem o.a Zitat aus der Predigt von Kardinal Lehmann an Sylvester 2001 im Liberalen Tagebuch dokumentiert. Dem Verdacht, dass diese Aussage aufgesetzt, der Opportunität geschuldet ist, wird entgegnet durch: (1) Interreligiöser (!) Gottesbe- zug in der EU-Verfassung? Kein Einwand. (2) Kirchensteuer bei Entrichten einer Kommission an den Fiskus? Kein Einwand.

Wie kommt der Liberale zu diesen Aussagen? Erstens: Wir wissen, definitiv, die Wahrheit nicht mit Kreide gegessen zu haben; also müssen wir, logisch und intellektuell redlich, “anderen” Wahrheiten ihren spezifischen Anspruch konzedie- ren. Zweitens, das (liberale) Toleranzgebot: ... übrigens aus Respekt: Sind Men- schen, Familien, Gruppen, Landsmannschaften, Nationen, Kulturen paarweise anders/unterschiedlich, kann friedfertiges Leben nur gedeihen, wenn Anders-Sein positiv gefühlt wird. Dazu sind sicher noch viele Schulaufgaben zu erledigen; auch die Kirchen könnten beitragen ... und zwar mehr als in den Geschichtsbü- chern steht. Drittens: Der geschichtliche Jesus Christus soll gesagt haben: “Liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst”. Im Liberalen Tagebuch steht “Meine Freiheit muss mit Deiner verträglich sein” dazu seit Neuestem: “Das ist Gewissens-, nicht Staatssache”.

Warum also sollte es ein Problem sein, Priestern (s.o.) den für ihre Aufgabe er- forderlichen Raum in der Gesellschaft zu schaffen? 

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C D U / C S U