Stand: 2. August 2005, 11:00 / 31.07.04
Ist die CDU/CSU überhaupt fähig zu entbürokratisieren?
In diesen Tagen haben unsere Abendlandretter zum Thema ein Papier vom Stapel gelassen. Das LT hat das für Sie gelesen: 14 Seiten in feinstem “pdf”,
totalsorgfältig formatiert. Sieht richtig schön aus. Und der Inhalt? ja - äh - hm.
(A) Anlass zu Spott, kübelweise.
Wer sich den einleitenden Kalauer sparen will: klick-hier.
Es war einmal ... Also, es war einmal ein schlauer Prof, der ärgerte sich über die Kulthusbürokkratieh, hatte als Student, also früher, in der
Politikvorlesung schon einmal gehört, dass aus sozialistischer Perspektive es optimal sei, unter dem Deckmantel der Sozialen Ausgewogenheit “das System” mit Regeln, Normen und Gesetzen sukzessive zu
inmobilisieren bis es genau deswegen “von alleine” (also ohne jede proletarische Revolution) zusammenbricht. Im Rahmen seiner Vorlesung “Über Sinn und Zweck des Kosmos” (für Studenten im 1. Semester) war
dem Herrn Professor wegen der häufigen Zwischenfragen ein hochintelligenter und für das zarte Alter von 19 Jahren in Allgemeinem ungewöhnlich gebildeter Hörer aufgefallen. Von diesem Hörer musste
erwartet werden, dass er bald die Theorien der Quanten und der Relativität vereinheitlichen würde. Das schlaue Bürschlein wollte der Herr Professor also gerne in den Dienst “höheren Erkennens” stellen
und gab ihm daher die Hausaufgabe umfassend, dennoch komprimiert, zu formulieren nach welchen Prinzipien ein deutscher Staat zu entbürokratisieren sei. Ein besonderes Kapitel solle die Frage behandeln,
ob Deutschland überhaupt bürokratisiert sei, denn kritische Wissenschaftlicher schreiben keine Elaborate ohne Analyse. In einer umfassenden Bestandsaufnahme der übergeordneten Kritik solle insbesondere
dargestellt sein ob - und wenn zutreffend, warum - der deutsche Staat als schlampender Moloch kollektiver Verantwortungslosigkeit mit alle Lebensbereiche, im besonderen auch die Wirtschaft, infizierender
Wirkung zu charakterisieren, also zu bezeichnen sei. Unser schlaues, mit praktischem Wissen und Erfahrung nicht weiter beflecktes Bürschlein lieferte, erwartungsgemäß in kürzester Zeit, ein nur
14-seitiges Paper mit folgender Gliederung bester Ästhetik:
- Ausgangslage: Wachstumsbremse Bürokratie
- Modernes Regieren: Ziele und Handlungsfelder
1. Prinzipielle Prinzipien der Deregulierung 2. Prinzipielle Prinzipien der Entbürokratisierung 3. Prinzipielle Prinzipien der Privatisierung 4. Prinzipielle Prinzipien der Reform des Föderalismus
5. Prinzipielle Prinzipien der Modernisierung der Verwaltung
- Allgemeine Prinzipien der Deregulierung
- Allgemeine Prinzipien der Entbürokratisierung
- Allgemeine Prinzipien der Privatisierung
- Allgemeine Prinzipien der der Reform des Föderalismus
- Allgemeine Prinzipien der Verwaltungsmodernisierung
Unser Meta-Prof ergänzte die Gliederung wie vorstehend rot gesetzt, verschob eine handvoll Kommas im Text (einige vorwärts, andere jedoch rückwärts) und sandte die Unterlage, ansonsten unverändert, per Eilboten an die
Parteiverwaltung der CDU/CSU. Schon die Poststelle brach in Entzücken aus: So eine starke Unterlage war seit Menschengedenken noch nie gesehen worden. Und binnen weniger Stunden durchlief das fulminante
Papier die gesamte Hierarchie der Partei: Referent, Untergruppenleiter, Obergruppenleiter, Abteilungsleiter, Oberabteilungsleiter, Hauptabteilungsleiter, Direktionsleiter, Geschäftsführer,
Generalsekretär, 11 Regionalfürsten und landete 500-fach kopiert beim hohen Vorstand. Der tagte sofort ... hinter verschlossener Tür. Alsbald war kilometerweit kosmischer Tumult zu hören. Die Abschnitte
II.5 und VII (“Modernisierung”) waren nämlich - wie die sofort eingeschalteten CIA, BND und M6 später in aufwendigsten Recherchen übereinstimmend ergaben - von einem respektlosen Liberalen auf dem
Postweg mit dem Ziel ausgetauscht, der CDU/CSU, zielklärend, folgende lapidar formulierte Aussage zu unterjubeln:
Die Gesellschaft ist also im Hinblick auf ihre nachhaltige Überle- bensfähigkeit systematisch zu entstaatlichen, so dass am Ende der
langjährigen Umwandlung die (staatliche) Exekutive auf hoheitliche Kernfunktionen und -aufgaben beschränkt sein wird.
Das im Schweiße vieler Gesichter tagende hochwohllöbliche Gremium meinte, dass das nun doch zu weit ginge. Beschluss: “Wenn wir, die CDU/CSU, das
veröffentlichen, verlieren wir 45 Mio Stimmen von Beamten, Angestellten und Arbeitern aus der Staatsverwaltung. Deswegen wird der Text verändert und ex cathedra so veröffentlicht wie er in die LT- Dokumentensammlung übernommen wurde.
So weit - vom vorstehend fett gedruckten Absatz abgesehen - der LT-Kalauer mit dem das Elaborat aus den Händen eines veritablen CDU/CSU-Misterpräsidenten kübelweise mit “bösestmöglichem” Spott bedacht wird.
(B) Die Kernaussagen
In den Absätzen II.5 und VII teilt die CDU/CSU, stark zusammengefasst, mit:
Die Staatsverwaltung (LT-Redaktion: im wesentlichen der Exekutive unterstellt)
ist ein kundenorientierter Dienstleister. Zur Verbesserung seiner Produktivität werden künftig (LT-Redaktion: wie in der Wirtschaft üblich)
normale Prinzipien der Führung, des Personalwesens und der Organisation angewendet. Hierzu sollen alle Mittel und Methoden der elektronischen Kommunikation und Informationsverarbeitung nach Möglichkeit intensiv und umfassend genutzt werden.
Es empfiehlt sich, zunächst die beiden vorstehend fett gedruckten Absätze zu lesen, zu vergleichen und sich dann das Paper “Projekt Wachstum ...” zu Gemüte zu führen. Erhaben, weise, klug, Unmengen neuer Erkenntnisse?
(C) Kritik an “Projekt Wachstum ... “
Nur in Stichworten teilweise als Fragen, denn das LT will seine Leser nicht langweilen: Die in den Klammern eingeschlossenen Zeichenfolgend
beziehen sich auf die Gliederung von “Projekt Wachstum ...”
(C1) Zielsetzung: Halbierung der Gesetze? Konsequenzen aus der Analyse?
(C2) Staatskonzept
(C3) Staatskunden?
(C4) Totalanspruch, relativierende Aussagen, Zustand der öffentlichen Meinung nicht berücksichtigt
(C5) Operationalisierung?
(C6) Blindflug “Modernisierung”
(D) Weniger ist mehr. Was von der CDU/CSU zu erwarten ist.
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