Stand: 9. November 2001, 8:00 / 31.10.01 / 12.10.01
Was “wir” erwarten
Die neue Herausforderung der Terrorismusbekämpfung: Selbstverständlich “weiß” jeder was gemeint ist. Dennoch die Sprechweise ist nicht
redlich. Nicht nur ein Ärgernis.
Nichts ist neu. Durchgeknallte Spinner mit extrem abnormen Verhalten gibt es seit eh und je. Heute leben mehr Menschen “im gleichen Raum”.
Aber das wis- sen wir schon seit ... 50 (?) Jahren. Nichts ist neu. Es mag sein, dass Besser- wisser einiges übersehen haben. Das aber, ist auch nichts Neues. Liberale “pre- digen” das schon
seit Jahrhunderten. Dass für Besserwisser die Konfrontation verquaster Theorien mit der Realität eine Herausforderung darstellt, ist nachvoll- ziehbar und sehr verständlich. Problem insofern,
sind die Besserwisser, nicht der “Terror”, das Phantom.
Kampf: Wer kämpft? Die zahllosen Parteiversammlungen, die Bürger, der Herr Bundeskanzler, die Parlamente, die Regierung, die Bundeswehr, die
Polizei, der Bundesinnenminister, ...? Was könnte das Resultat des Kampfes sein? Die Vernichtung der Terroristen ... ? Oder “nur” die Neutralisierung des Herrn Osama Bin Laden? Oder sind
“wir” schlicht und ergreifend damit zufrieden, wenn durch (angemessene) Kontroll- und Steuerungsmaßnahmen “Terrorismus” eingedämmt wird? Klingt wenig spektakulär, ist aber ehrlich. Es gibt
aus Sicht der Bürger keinen Grund, unseren politischen Geschäftsführungen die überzogene, verschleiernde Sprechweise durchzulassen. Und, wollen wir, dass führende Politiker angesichts
“neuer Herausforderungen” “kämpfen”? Besser, die regieren- den Damen und Herren stellen das Kämpfen ein. Sollte ihr “Kampf” den Offenba- rungseid ersetzen, kann ein “Kampf” um das politische
Überleben ein allerdings unvermeidliches Szenario werden. Können wir so “kämpfende” Politiker gebrau- chen?
Terror: Jeder Anwalt mit forensischer Erfahrung weiß, dass es für einen Ange- klagten nichts Beklemmenderes gibt, als die Gründe
für seine Tat nicht “ausspre- chen zu können” - etwa weil ihm das Motiv selber lächerlich vorkommt. Dass fast jeder Mensch vor der Mordtat eine Hemmschwelle überwinden muss, ist eben- falls
bekannt. Aber “heldenhaft” für politische Ziele einzutreten, rechtfertigt man- ches. Das weiß der Verbrecher, schon bevor er die Tat durchführt. Schließlich “führen Staaten” (schon wieder der handelnde Staat!) seit menschengedenken Krieg - mit Todesfolge. Die wenig durchdachte Handhabung des Etiketts “Terro- rismus” mindert die Hemmschwelle künftiger Verbrechen, die
Anzahl künftiger Verbrechen wird durch diesen unbekümmerten Sprachgebrauch erhöht. Warum wohl, hat der syrische Präsident, Herr Assad am 31.10.01 eingeklagt, es müsse den Ursachen des
Terrorismus auf den Grund gegangen werden? Tribut an die Stimmung in Syrien? Und wenn wir nicht “auf den Grund gehen wollen”, darf dann “terrorisiert” werden? Also. Und wenn wir doch auf den
Grund gehen: Wer weiß denn, ob sich “diese” Ursachen beseitigen lassen? Jedenfalls sähe Osama Bin Laden als gewöhnlicher Krimineller, auch vor sich selbst, ziemlich alt aus. Kön- nen wir uns
den Verzicht auf diese Wirkung leisten? Politischer Kollateralscha- den kommt hinzu: Es profitieren von der Diskussion um die Ursachen von Terro- rismus die Befürworter extremistischer
Positionen. “Man” kann “Verbrechen” “verurteilen”, sie bekämpfen UND politischen Nutzen ziehen, der andernfalls nicht machbar wäre. Das gilt speziell für jene, die Sozialismus offen oder
versteckt im politischen Tornister führen; leider kennen wir nicht jede dieser Lichtgestalten. Recht auf Schweigen allerdings, ist ein unverzichtbares Gut. Lebenswerte Welt ist komplex.
Vertreter von Patentrezepten, nicht gefragt. Aber klar ist: Weiterge- hend und auch jenseits von uneingeschränkter Solidarität darf das Bekenntnis zur Farbe nicht länger erlassen werden. Eindeutig
zum Thema Farbe, die heute in der PDS organiserten früheren SED-Mitglieder: Sie wollen - historische Kon- tinuität lässt grüßen - keine Herrschaft des Rechts;
sie wollen die Verbrecher in Afghanistan gewähren lassen. Roland Claus MdB, Fraktionsvorsitzender, hat das mit nicht überbietbarer Präzision am 8.11.01 im Bundestag dargelegt. Die Analyse seiner Rede zeigt im übrigen einmal mehr, welch Nachteile der Ge- brauch des Begriffes
“Kampf gegen den Terrorismus”
mit sich bringt: “Gäbe” es keinen “Kampf gegen den Terrorismus”, hätte Claus nichts sagen können. Claus hätte Schweigen müssen. Wäre es kein Gewinn, wenn Claus, so wie alle anderen Gegner weltweiter Rechtsstaatlichkeit schweigen müssten? Bedrü- ckend: Da die SPD einen derartigen geistigen Hinterhof nährt, leistet sie einen signifikanten Beitrag dazu, die Wehrhaftigkeit der Demokraten zu unterminieren. Lediglich der Respekt vor Leistungen und Opfern in der 136jährigen Geschichte der SPD veranlasst, den voranstehenden Gedankengang hier nicht weiter zu verfolgen.
Liberaler Führungsanspruch.
Während die “Kämpfenden” ihr Adrenalin ablassen, nennen Liberale bürgerorien- tiert die Dinge beim Namen. Es geht um angemessenen Aufwand mit dem
Ziel, organisiertes Massenverbrechen einzudämmen. Je nach realer Leis- tungsfähigkeit der befassten Institutionen, kann es sein, dass Kontroll-Fähigkeit erhöht werden muss und Freiheitseinschränkungen eventuell
verabredet werden müssen. Bei allseits beachteter liberaler Sorgfalt und transparenter, ehrlicher Diskussion bestünde kein Anlass zur Sorge, dass der gläserne Bürger kommen könnte. Liberale wollen Rechtsstaat, kompromisslos.
Die Apologeten des Obrigkeitsstaates haben die von ihnen erzeugten und wach gehaltenen Erwartungen nicht erfüllt. Menschen sind nur Menschen.
Menschen können nicht mehr wissen als Menschen. Unsere Ober- und Superschlaumeier sind ebenfalls Menschen. Früher statteten sich Fürsten mit einer Aura der Un- nahbarkeit aus. In der
aufgeklärten liberalen Gesellschaft - noch ist es nicht so weit - haben diese Figuren keinen Platz.
Wir lernen täglich: Je größer, je umfassender das betrachtete System, desto kräftiger fällt nach der politischen Gestaltung der berühmte Schuss in
den Ofen aus. Das bezieht sich auch auf “Maßnahmen”, gar Planung in den Bereichen Wirtschaft od. “Terrorismus”, weil menschliches Verhalten eben nicht planbar ist. Liberalismus läuft u.a. auf
philosophische, mentale, physikalische und soziale Dezentralisation hinaus; es gilt, liberaler ist sozialer; Liberalismus, daher Megatrend. Bezüglich der Aussicht auf eine liberale Bürgergesellschaft,
können wir folglich optimistisch sein. Pulver ist bestimmt nicht neu zu erfinden; aber auf Geduld sollte auch nicht verzichtet werden.
Wie wäre es, wenn Finanzmittel vom Sozial-Sozialetat in den Ausbildungs- bzw. Aufklärungs-Sozialetat umgeschichtet würden? So würden
neo-sozialistische Tendenzen neutralisiert. Mehr investieren, weniger konsumieren. Organisiertes Massenverbrechen à la 11.09.01 würde weniger lohnend, weniger attraktiv wirken und weniger wahrscheinlich eintreten.
Gründe à la carte: Wählt FDP. 2002.
|