Stand: 9. November 2001, 8:00 / 25.10.01 / 12.10.01
Was seit dem 11. September 2001 geschehen ist.
Es gibt in der Folge der Verbrechen vom 11. September 2001 reihenweise schäbiges Verhalten
wichtiger Funktionsträger. Sicher war es zunächst erfor- derlich zu vermeiden, dass Sorgen und Ängste etwa in unkontrollierte Massen- Hysterie umschlagen. Insofern waren Maßnahmen und Rhetorik ab der ersten Minute angemessen; wir haben Könner in Aktion erlebt. Die Einstimmigkeit im Sicherheitsrat der VN etwa besteht, weil einerseits Überforderung ausblieb und ganz bestimmt mancher über seinen Schatten gesprungen ist. Die Weltgesell- schaft mit ihrem Orgware-Geflecht und ihren Funktionsträgern ist bemerkens- wert stabil (geworden). Angesichts der multiplen Interessen und Einstellungen unter 6 Mia. Menschen, kann dies nicht genug gewürdigt werden.
Man kann es so sehen: Der Zustand der Weltgesellschaft verlangte bestimmte Maßnahmen; es gab da zustandsbedingt kaum Freiheitsgrade. (Leider) Erfor- derlich also war es, sofort den Krieg gegen den Terrorismus auszurufen. Stim- mung wurde damit aufgegriffen und Tatkraft konnte vorgeführt werden. Aber leider
gibt es noch heute Eiferer, die nicht müde werden, Krieg zu adressieren. Unser Bundeskanzler sprach sogar vom Ende einer Epoche; längst ist Pazifismus auf der Müllkippe gelandet (Wieso waren viele überhaupt sog. Pazifisten?). Es wird des weiteren Angst und Sorge kultiviert. Dies geschieht sehr subtil durch Wortwahl und auch Handlungen: “Es ist
derzeit nicht vorgesehen mit deutschen Bodentruppen ...” (ca. 12.10.01) Oder der skurril-aufgesetzte Abstecher des Kanzlers Anfang Oktober 2001 nach USA. Was hat das ganz konkret gebracht? Vielleicht wollte der Bundeskanzler sich mit Bush einmal unter vier Augen aussprechen. Gut. Wozu dann der Auftritt vor der Presse mit den elenden Floskeln, die zu hören waren? Schon gut. Der Zustand der Weltgesellschaft erfordere Rhetorik und Handlungen wie gehabt. Wenn das alles also (leider) erforderlich ist, ist einzusehen: Es steht wohl ziemlich schlecht um die Verfas- sung der Weltgesellschaft.
Das geht so nicht weiter, hierzu muss etwas geschehen. Aber nicht irgendwann, denn der Prozess wird ebenfalls lange dauern. Aber geschehen ist bisher
u.a. folgendes:
- Abstruse Ankündigungen aller Art mit entsprechenden Presseauftritten
- Steuererhöhungen; aber es ist nicht definiert wie das Geld ausgegeben wird und ob das ausreicht.
- Regierung verspricht alles für die Sicherheit zu tun ...
- Kanzler bietet den USA seit September 2001 Militärhilfe an. Bisher aber nicht angenommen. Kein Bedarf?
- Fischer äußert sich zu außenpolitischen Vorgängen, unternimmt Dienst- reisen nach Islamabad, Rijhad,
Teheran und Jerusalem. Resultate? In den VN wird Fischer mit “Sehnsucht erwartet ... Sogar Ströbele will Fischer ...
- 130 (einhundertdreißig) Seiten “Otto-Katalog”; es scheint Nachholbe- darf zu geben. Wer verantwortet
demzufolge bisherige Schlamperei? Die SPD/PDS, Fr. Dr. Engelen-Käfer, Bündnis 90, Kohl, die CDU, Schröder, Kanther, Fr. Roth, Schilly? Das scheint eine beeindruckende Koalition zu sein.
- 6.11.01: Die SPD hat sich endlich zur Konfiguration des deutschen Bei- trages zur Neutralisation der
Verbrecher in Afghanistan durchgerungen. Die regierenden Damen und Herren haben sich wohl ziemlich anstrengen müssen, um die wie Stop-und-Go wirkende “Armada” zusammenzu- kratzen.
Hoffentlich geben die verfassungsfesten high-tech Stromaggre- gate in den asiatischen Wüsten nicht gerade im kritischen Augenblick ihren Geist auf. Und versetzen Sie sich, verehrte Leser,
einmal in die Lage eines verantwortlichen amerikanischen Planers für den lebensge- fährlichen Einsatz von Tausenden unserer Mitbürger. Es könnte auch Ihnen etwas dämmern. Jedenfalls
scheinen die USA Deutschland nicht sehr ernst zu nehmen (s. Rumsfeld-PM vom 7.11.01, KStA, 8.11.01, S.5, Sp. 6).
- 8.11.01: Die SPD kämpft mit den Geistern, die sie bis 1998 gerufen hat; die Not ist groß, denn jede
falsche Bewegung in Sachen “Terrorismus” produziert Wahldebakel - sofort. PDS schleimt schamlos. Selbstfinder rotieren auf Hochtouren - das kommt davon. CDU klopft Sprüche; das Bild vom
Dress mit Nieten in Verbindung mit röhrendem Motorrad will sich einfach nicht verflüchtigen ... Kanzler-Stoßgebet: “Hoffentlich wer- den wir benötigt ...” Klar, das gibt eine zusätzliche
Szene für die Medien ...
Auch dieses ist zu sehen: Seit Menschengedenken mimen die Obrigkeitsstaat- ler den Staat, der handelt(?), der alles löst. Vom Kinderpopo bis zur Bahre. Alles schön geregelt und gestaltet aus einer Hand. Sozialstaat für Freikarten zum Ballermann.
Bürgebeteiligung hat Urlaub, Bürgergeist sowieso. Aber die Praxis hält nicht, was Theorie oder Legitimationsbegehren wollen. Und nun sitzen die Obrigkeitsstaatler in der Falle: Kaum
auszudenken, sollte ein noch so kleiner Kracher zu Sylvester den Putz einer U-Bahn-Haltestelle verschmutzen ... Obrigkeitsstaatler fürchten Bürger. Und deswegen Otto-Katalog, des-egen
Selbstfindungszirkus, deswegen so viel unwürdiges Theater. Josef Fischer hat doch Ende Januar 2001 die Franzosen per groß aufgezogener Rede in Freiburg wegen Ihrer Revolution vor 212 Jahren
gelobt. Mit der Vorgeschichte des Umbruches von 1789 hat er sich anscheinend nicht befasst. Sollte auch er einmal nachholen.
Sind wir näher an den Kernwahrheiten und der Lösung der Kernprobleme? Nie- mand erwartet den “wählermaximierenden”, daher befreienden Schuss aus
der Hüfte. Jedenfalls hat die FDP mit JWM einen Spitzenmann für das Thema mo- bilisiert. Im Sinne von liberaler Rechtsstaatlichkeit:
Liberale wollen Rechtsstaat, kompromisslos. Und weltweit.
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