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Stand: 15 Juni 2004, 16:00

Elemente liberalen Denkens und liberaler Politik:

Fairness,
gesellschaftspolitischer Quantensprung bei den Liberalen


Der Bundesvorstand der FDP hat dem 55. Parteitag (Dresden) die Positionsschrift “Für die freie und faire Gesellschaft” zur Diskussion vorgelegt. Als wichtige Neuerung wird in diesem Text der herkömmliche Begriff Solidarität durch Fairness ersetzt und damit wesentlich erweitert. Das ist ein großer Wurf. Die Textpassage (Seite 5, Zeile 20 bis Seite 8, Zeile 6) zum Thema Fairness wird, redaktionell aktualisiert, hier übernommen:


“Seit 1949 hat die über viel zu lange Strecken schwache politische Führung in Deutschland Gleichheit und soziale Gerechtigkeit zum obersten Prinzip des Gesellschaftsvertrages (der Rechtsordnung) erhoben. Das Streben nach Gleichheit glitt schleichend in Gleichmacherei ab. Die Fairness in unserer Gesellschaft blieb auf der Strecke.

Die Erwirtschaftungsgesellschaft ist frei und fair. In der Erwirtschaftungsgesellschaft besinnen wir uns auf die Quellen des Wohlstandes: auf Leistungsgerechtigkeit und Fairness. Der beste Weg zu mehr Fairness führt über mehr Freiheit. Die FDP macht den Weg von der gleichen zur fairen Gesellschaft frei.

Bis heute richten die Gesetzgeber ihr Augenmerk auf das Verteilen - Erwirtschaften aber, scheint wie vergessen. Mitmenschlichkeit und Verantwortung sind verstaatlicht und Leistung enteignet. Die Verteilungspolitik schafft Probleme, die durch noch mehr Verteilung wurden.

  • Es ist unfair, wenn immer mehr Menschen immer weniger netto übrig bleibt, weil in der Rechtsordnung immer mehr Geldverteilung an Menschen geboten und vorgeschrieben ist.
  • Fair ist, wenn Leistung sich lohnt und Fleiß sich auszahlt.
  • Es ist unfair, wenn immer höhere Abgaben und Steuern immer mehr Arbeitslosigkeit bewirken. Fair ist, wenn durch Sozialpolitik Erwerbsfähigkeit gefördert wird.
  • Es ist unfair, wenn jemand mit viel Risiko und Fleiß eine Firma aufbaut, dafür in Deutschland aber nur Neid erntet. Fair ist, wenn derjenige, der Besonderes leistet, auch besondere Anerkennung erhält.
  • Es ist unfair, wenn Zumutbarkeit nur aus der Sicht eines Sozialhilfeempfängers definiert wird, und so die Zumutungen für die Steuerzahler und die Beitragszahler außer Acht geraten. Fair ist, wenn Sozialhilfeempfänger jede angebotene, legale Arbeit annehmen müssen, auch wenn sie untertariflich bezahlt wird.
  • Es ist unfair, wenn Funktionäre und Politiker Tarifvorschriften durchsetzen, die es den fleißigen Menschen verbieten, selbst über ihren Arbeitsplatz und über die Zukunft ihres Betriebes zu entscheiden. Fair ist, wenn in den Betrieben entschieden wird statt in den Funktionärszentralen.
  • Es ist unfair, wenn jeder einen Laden aufmachen kann, um Computer zu reparieren, aber derjenige, der einen Laden aufmacht, um Schuhe herzustellen, einen Meisterbrief braucht. Fair ist, wenn im Handwerk Regeln gelten, die Qualität sichern und Selbständigkeit fördern.
  • Es ist unfair, wenn jemand, der 45 Jahre in die Rentenkasse gezahlt hat, genauso behandelt wird, wie derjenige, der 35 Jahre eingezahlt hat, wenn beide mit 60 in Rente gehen. Fair ist, wenn die Dauer der Beitragszahlungen und nicht ein gesetzliches Renteneintrittsalter über die Rentenhöhe entscheidet.
  • Es ist unfair, wenn Frauen sich eine gute Ausbildung erarbeiten, aber als Mütter nicht mehr arbeiten können, weil es nicht genug Kinderbetreuung und Ganztagsschulen gibt. Fair ist, wenn Frauen und Männer die Chance haben, Kinder und Beruf zu vereinbaren.
  • Es ist unfair, wenn ein unrentabler Steinkohle-Arbeitsplatz mit durchschnittlich 70.000 Euro jährlich subventioniert wird, während für die Schüler und Studenten kein Geld mehr da ist. Fair ist, wenn der staat in Zukunft investiert, statt Vergangenheit künstlich zu verlängern.
  • Es ist unfair, wenn jemand seine Talente nicht entfalten kann, weil Bildung vernachlässigt wird. Fair ist, wenn in der Rechtsordnung die Rahmenbedingungen für einen Wettbewerb definiert, in dem differenzierte Bildungsangebote jedem individuell zu Gute kommen.
  • Es ist unfair, dass den 22jährigen Dachdeckergesellen der Meisterbrief viel Geld kostet und er zudem mit seinen Steuern noch das Studium für einen 22jährigen Studenten mitfinanzieren soll. Es ist unfair, dass den Gesellen der Meisterbrief viel Geld kostet, während der Student den Magister-Titel von seinen Mitbürgern bezahlt bekommt. Fair ist, wenn derjenige, der nach dem Studium überdurchschnittlich verdient, auch einen Teil der Kosten seiner Ausbildung zurückzahlt.
  • Es ist unfair, wenn Kranke in Deutschland nicht geheilt werden können, weil Bedenkenträger die Forscher der Bio- und Gentechnologie aus dem Land vertreiben. Fair ist, die Freiheit und die Chancen der Forschung zu fördern.
  • Es ist unfair, wenn die Rechtsordnung so kompliziert und Rechtswege so aufwändig sind, dass der Bürger sein Recht nicht mehr durchsetzt. Fair ist, wenn Recht verständlich und Rechtswege kurz sind.
  • Es ist unfair, wenn der Gesetzgeber das Handeln des Einzelenen immer weiter reglementiert.
  • Fair ist es, wenn die Menschen durch mehr Elemente direkter Demokratie (Volksbegehren und Volksentscheide) verstärkt selbst über ihr Schicksal entscheiden können.
  • Es ist unfair, wenn die Steuerung der Zuwanderung dem Zufall überlassen wird. Fair ist es, wenn Deutschland die Zuwanderung von Menschen regelt, die die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands voranbringen können und integrationsbereit sind.
  • Es ist unfair, wenn immer mehr Kontrolleure die Steuerzahler überprüfen, während gleichzeitig öffentliche Plätze zu rechtsfreien Räumen werden. Fair ist es, wenn sich die Gesetzgeber um Sicherheit bemühen und damit um die Voraussetzung für die mehr Freiheit der Bürger schaffen.
  • Es ist unfair, wenn zu schnelles Fahren kriminalisiert und Ladendiebstahl gleichzeitig bagatellisiert wird.
  • Fair ist es, den Eigentumsschutz neuen Gegebenheiten entsprechend laufend zu festigen.
  • Es ist unfair, wenn Bürger und Wirtschaft ihr Recht vor den Gerichten nicht durchsetzen können, weil wegen der Überlastung der Justiz die Verfahren zu lange dauern. Fair ist, wenn eine moderne, leistungsstarke und bürgernahe Justiz mit motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Menschen zügig zu ihrem Recht verhilft.
  • Es ist unfair, wenn Gesetze und Verordnungen darüber entscheiden, wann ein Laden geöffnet sein darf. Fair ist, wenn Ladenbesitzer darüber entscheiden, wann sie etwas verkaufen wollen, und wenn Kunden darüber entscheiden, wann sie etwas kaufen wollen.
  • Es ist unfair, wenn ein wirtschaftlich erfolgreiches Bundesland einem anderen Bundesland einen Ausgleich zahlen muss, weil dieses nicht erfolgreich gewirtschaftet hat. Fair ist, wenn wir zum Nutzen der Bürger einen föderalen Wettbewerb um die beste Wirtschaftspolitik oder die besten Schulen fördern.
  • Es ist unfair, wenn Politiker bei allen sparen, nur nicht bei sich selbst. Fair ist, wenn Politiker mit gutem Beispiel voran gehen. Fair ist, wenn Politiker für ihre Altersversorgung - so wie Freiberufler - selbst bezahlen.”

(Zitatende)

Unschwer zu erkennen, welche Rolle Fairness, der gesellschaftspolitisch raumgreifende Begriff, im Gefüge des Gesellschaftsvertrages (Rechtsordnung) spielt: Das Gebot der Fairness ist die Handlungsmaxime für jegliches Handeln der Individuen unserer Gesellschaft. Im öffentlichen, politischen, sozialen geschäftlichen und privaten Raum soll der Stärkere auf den Schwächeren Rücksicht nehmen, gegebenenfalls kompensatorisch ausgleichen - selbstverständlich auch durch Entrichten von Steuern. Entscheidend: Aber nicht nur durch Geldleistung, die, zwar unverzichtbar, jedoch sekundäre Bedeutung bekommt. Zu Recht, denn Geldtransfer, meistens über eine Institution der Staatsverwaltung vollzogen, anonymisiert menschliche Beziehungen. Eine erfreuliche Verallgemeinerung der von Westerwelle eingeführten Aussage “Privat vor Staat”, die in der modernen, globalen Zivilisation unbedingt, im Dienste der Gesellschaft mit menschlichem Gesicht die Renaissance und Bekräftigung erleben sollte.

Fairness ist ein reflexives Konzept: Es geht stets um die gegenseitige Beziehung von Individuen oder definierten Gruppen. Fairness stellt nicht nur auf den relativen sozialen Status, sondern auch auf die individuelle Fähigkeit und das individuelle Bewusstsein der Beziehungspartner ab. Das ist der Vorteil des raumgreifenden Begriffes, der auch im Bereich der Sanktion zum Tragen kommt. Es ist dafür zu sorgen, dass die Gesetzgeber gar nicht damit beginnen Fairness zu reglementieren und damit zum Gegenstand der Justiz machen. So bleibt die Verurteilung unfairer Handlungen der Sicht der Beziehungspartner so wie Dritter Individuen vorbehalten. Eine enorme Bereicherung, ein gewaltiger Qualitätszuwachs für unsere Gesellschaft, die dringend ihre Menschlichkeit reaktivieren muss, wenn verhindert werden soll, dass entgegen der Tendenzen seit vielen Jahren das Individuum nicht zunehmend, sondern abnehmend Objekt robotiserenden Kalküls sein soll.

Gegenprobe? Per Experiment: Ersetzen Sie in vorstehendem Text “Fairness” durch “Solidarität”. Nicht nur die einzelnen Aussagen, auch die Passagen, auch der Gedankenfluss und die Gesamtaussage verlieren ihre Ausdruckskraft.

Solidarische Gesellschaft? Nein danke: “Ich ziehe die faire Gesellschaft vor”.

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