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Stand: 31. März 2011, 22:00

Elemente liberalen Denkens und liberaler Politik:

Warum Freiheit?

Was Liberalismus bedeutet, ist tausendfach und auch im
Liberalen Tagebuch (LT) geschrieben worden. Demnach sucht jeder sein Glück, macht jeder frei von Bevormundung sein Leben, ist in einem Wort frei. Frei im Organismus der (hoch-) arbeitsteiligen Gesellschaft, in der (auch) Verhaltensregeln (Verbote / Gebote) zu beachten sind. Es geht hierbei im Wesentlichen um Vertragstreue u. um Rücksicht anderen gegenüber; dazu gehört, jenen zu helfen, die nicht mitkommen können. Das wird konkret in der Idee des sog. Sozialstaates, dessen Funktionsumfang - pauschal - fühlbare Freiheit nicht einschränken darf (1), sondern erweitern muss (2).

Den Einheitsmenschen gibt es nicht und soll es nicht geben. Die Vorstellung ist Albtraum. Folglich sind alle Menschen untereinander ungleich und müssen allesamt sowohl frei wie selbstbestimmt sein. Ohne Freiheit und Selbstbestimmung gibt es lediglich Einheitsmenschen und - antriebslosen - gesellschaftlichen Stillstand (siehe dazu auch Christian Lindner in Ungleichheit ist besser, Tagesspiegel, 14.12.10). Diese Aussagen sind apodiktisch gemeint. Da es Viele gibt, die das nicht akzeptieren, ist Toleranz, allthematisch, zwingend. Ohne Freiheit bei obwaltender “privatem Gewissen” keine Toleranz.

Ökonomie

Arbeitsteilung, damit Komplexität erhöhen Effizienz. Das ist sowohl Freiheitsmehrung wie Freiheitsminderung. In weniger Stunden erledigte Arbeit, verlängert die Zeit in der Sonne zu liegen oder mit Eispickel und Helm auf den Taunus zu klettern. Wenn aber der Andere das Ersatzteil der Maschine nicht rechtzeitig liefert, scheint die Sonne oder existiert der Taunus “für die Katz”. Diese Andeutung bringt ein zweifach wirksames Dilemma zum Ausdruck:

  • Wird es mit der Arbeitsteilung übertrieben, kann Freiheit (hier zunächst pauschal gemeint) auch beeinträchtigt werden. Bei obwaltender Marktwirtschaft kann es zu solcher Übertreibung allerdings nicht kommen, weil entweder die Kosten der Transaktionen die so produzierten Güter aus dem Markt werfen oder weil erst sehr hoher Lohn - gleiche Wirkung - bei Freiheit beeinträchtigender Spezialisierung die Besetzung der Stellen in der Produktion ermöglichte.
     
  • Die Freiheit des Einen das Ersatzteil zu liefern oder nicht, beeinträchtigt die Freiheit des Anderen seine Arbeit zu erfüllen. Hiergegen wirkt jedoch die Vorkehrung des Vertrages. Beide Partner sind an ihre Verpflichtung (en) gebunden, widrigenfalls eigentumsrechtlich wirksame “Vertragsstrafen” an die geschädigte Partei zu entrichten sind.

Sowohl Markt wie Vertrag sind archaische soziale Bildungen (Begriff nach Hayek) in Jahrtausenden bewährt. Beide fußen zwingend (Umkehrschluss anwenden) auf dem/der Prinzip/Idee vom Eigentum. Aus den Bildungen Markt, Vertrag, Eigentum folgt seinerseits ex post betrachtet - möglicherweise historisch später - zwingend die soziale Bildung des Staates, ebenfalls archaischen Ursprungs.

Fazit dieses Abschnitts: Ökonomisches Handeln schränkt Freiheit ein. Staat ist das soziale Band als Garant für Freiheit der Individuen und die Funktion der Ökonomie.

Determinismus - Maschine - Mensch

Der Freiheitsgedanke wird von Menschenbild und intermenschlichen Verabredungen geformt. Reale Freiheit wird durch beides geprägt.

Wird der Mensch als deterministische (bestimmbare) Funktionalität (Automat, Maschine, o.ä.) begriffen, ist Freiheit als Zielfunktion und Gestaltungselement jedoch überflüssig; unterschiedliche Begabungen/ Fähigkeiten würden in diesem Fall durch Regelungen, d.h., weitergehender als nach der Idee des
Gesellschaftsvertrages , eliminiert.

Vielleicht gar nicht überraschend gilt auch der Umkehrschluss: Regulierung, die intermenschliche Ungleichheit eliminiert, erforderte - damit der gedachte Prozess stattfinden könnte - den deterministischen Menschen. Das entspricht dem
liberalen Menschenbild nicht.

Liberale & Sozialisten

Der konzeptionelle Rahmen für alle denkbaren Freiheitsgrade (aller) ist damit abgesteckt. Sodann ist nun unerbittlich in der Realität zu landen, denn so findet Gesellschaft statt. Liberale postulieren maximale Freiheit, weil andernfalls eine totalitäre Elite herrschen müsste
(3); Sozialisten die minimale, weil andernfalls Ausbeutung obwaltete. Ein ideeller Kompromiss zwischen Liberalen und Sozialisten ist grundsätzlich nicht möglich: Die Positionen sind antagonistisch.

Das Fundamentale zu letzt: Unter ganz praktischem Gesichtspunkt ist die Zukunft
mitnichten determiniert. Das Individuum, die Gesellschaft können sich aktuell und nachhaltig richtig nicht einmal sich selbst verstehen. Ein weiterer “Beweis”: Wird Komplexität durch Regeln des Verhaltens eliminiert, lehnt sich der Einzelne früher oder später gegen die unvermeidliche totalitäre Herrschaft auf. Der Einzelne will offenkundig frei und eben nicht determiniert sein. Und vor allem anders als andere sein.

Ethik

Die Gleichheit aller Individuen untereinander wäre sehr praktisch. Der Andere wäre besser einzuschätzen; vor Allem seine Absichten. Aber die Einzelnen verzichten auf den Vorteil zu Gunsten ihrer Individualität.

Resultat ist das
liberale Menschenbild , das viele der ”anderen” Menschenbilder nicht von vorne herein ausschließt. Wesentlicher Bestandteil des liberalen Menschenbildes ist die Gewissensfreiheit, die folglich privat ist. Das Gewissen des Einzelnen ist für den (erzwungenen, gewalttätigen) Zugang anderer radikal tabu. Jeder Kompromiss hierzu vernichtet Freiheit.

Der oftmals übersehene Nutzen der Freiheit

Was dem Einen, auch dem Anderen: Freiheit für alle. Da Handeln mit der Gewissensabsicht (sogar) beginnt, wird durch das (freiwillige) Handeln des je Anderen sein Gewissen freiwillig, ggf. ein wenig, transparent. Freiheit ist aus der Intra-Sicht des Einzelnen zunächst wünschenswert. Und aus der Inter-Sicht ist Freiheit außerdem ungewöhnlich praktisch. Absichten der anderen Mitglieder der Menschheit werden freiwillig “bekannt gegeben”, also erkennbar und es erhält damit das alterozentrierte Denken/Handeln eine wichtige Stütze. Daraus folgt:

Freiheit spaltet nicht, Freiheit schweißt zusammen

Letzteres haben die Sozialisten in der UdSSR, der DDR und anderer Gesellschaften/Staaten so nicht gesehen. Deswegen sind die Staaten, die Gesellschaften, in der Folge sogar die Ökonomien zusammengebrochen.

Warum Freiheit auch beschränkt sein muss

Eine besondere Unart ist nicht gemeint: Freiheit im Dienst von Partikularinteressen. Hierzu zählen etwa Teile der Sozial- und Wirtschaftssubventionen, die Akkumulation von Funktionalitäten in den Händen der Akteuere in der Staatsindustrie oder das mengenmäßig ausufernde staatliche Rundfunkwesen.

Die erwähnten archaischen Bildungen Markt, Vertrag, Eigentum und folglich Staat sind etwa aktuell - weil Ressourcen knapp sind - wegen dem deswegen sich ergebenden Zwang zu ökonomischen Effizienz unverzichtbar. Resultat: Freiheitseinbußen.

Markt, Vertrag, Eigentum, Staat, Freiheit und persönliche Unversehrtheit sind Kategorien, die der persönlichen Disposition nicht zur Verfügung stehen können. Resultat: ebenfalls Freiheitseinbußen.

Etwa Monopole, Diebstahl, Tötung, Gewalt bei Demonstrationen, Störung der parlamentarischen Würde sind nicht “erlaubte Handlungen”. Sicherheit mehrt Freiheit immer dann, wenn dadurch u.a. Ungleichheit, (eine) Quelle von Freiheit erhalten bleibt.

Verhaltensregeln (Verbote) beschränken insofern die Freiheit des Einzelnen. Nützlich sind allerdings solche Regeln, die Freiheit (durch sich selber) gleichzeitig ausweiten. Beispiel ist erneut das Tötungsverbot in der Verfassung von Moses.

Fazit diese Abschnittes: Freiheit beschränken daher die Menschen untereinander, um die des allgemeinen Einzelnen noch zu mehren.

Welche Regeln also?

Bei der Suche nach solchen Regeln gelangt jeder Denkende abrupt an die Grenze der Erkenntnisfähigkeit, denn es geht hierbei in der Demokratie nicht um Herrschaftswissen; es kommt auf gemeinsam, geteilte Einsicht an. Und wenn das die Einsichten sind, dann muss “ich” im eigenen Interesse tun oder unterlassen ... Es wird nie eine stringente Theorie bzw. stringente Prinzipien geben, aus der/denen das “optijmale” Freiheitsvolumen abgeleitet werden könnte; der Definitionsprozess wird immer heuristisch sein. Es gibt immerhin transzendente Leitplanken für die Freiheit des Einzelnen.

  1. Entgrenzte Freiheit “für alle” läuft auf Null-Freiheit für die Schwächsten hinaus; Null-Freiheit für Einzelne geht unter dem Gesichtspunkt der Gleichheit vor dem Gesetz nur als Null-Freiheit für aller. Das ist sinnwidrig.
     
  2. Zu unterscheiden ist zwischen passiver Freiheit und aktiver Freiheit. Bei der passiven Freiheit geht es um die Abwehr von Eingriffen durch andere Akteure. Bei der aktiven Freiheit ist die wesentliche Frage, was ist erlaubt, um den je Anderen in seiner Freiheit nicht zu beeinträchtigen. Aktive kontra passive Freiheit und umgekehrt. Die Regel hat Kant gesetzt. In der Praxis aber hilft das nicht viel, denn die Sichtweisen sind so vielfältig wie Personen nur sein können.
     
  3. Des Weiteren ist zu unterscheiden zwischen kollektiven Akteuren (Staat, ggf. als Vertreter aller, Verbände, Unternehmen), die die aktive und passive Freiheit Einzelner beeinträchtigen könnten und individuellen Akteuren, die ein partikulären, wettbewerbsfreien Vorteil gegen die Freiheit der Vielen durchsetzen (wollen).

Innerhalb dieser Leitplanken werden Kompromisse geschlossen; weitergehend als die Justiz könnte der Staatsapparat, die institutionelle Klammer der Gesamtheit aller Personen, die Schiedsfunktion übernehmen. Wird Staat als parteiischer Klassenstaat implementiert, in dem Politiker sogar “Interessen” vertreten, kann die Staatsverwaltung nur gewaltsam oktroyieren (4). Das ist abzulehnen; es genügt, sich all die negativen Erscheinungen in unserer Demokratie vor Augen zu führen.

Das überzeugte kurze Fazit:

Ja zur Freiheit, das ist klar. Zunächst basiert auf dem
Menschenbild, auf der individuellen Gefühlswelt, aber auch stark gestützt auf organisationslogische Gesichtspunkte und schließlich einige Gesichtspunkte der gesellschaftlichen Systemtheorie. Freiheit soll also möglichst groß sein.

Mit Unzulänglichkeiten ist zu leben, genauso wie mit der Unzulänglichkeit des durch Karriere-Interessen katalysierten
Überbietungswettbewerbs und dem gleichzeitig permanenten Versuch vieler (besonders mächtiger) Personen in der eigenen Lebenssphäre den Wettbewerb systematisch auszuschalten. Die beiden Effekte können nur durch den unerwünschten totalitären Staat vermieden werden. Ist jedoch das Freiheitsvolumen groß, werden Überbietungswettbewerb und Kartellierung am wirkungsvollsten eingedämmt.

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(1) Prämisse: “Ameisenstaat” ist nicht gewollt.
(2) Dass Sozialisten, auch Konservative, Staat stetig expandieren, ist auf ihren auf Dusseligkeit basierendem Fanatismus/Fundamentalismus/Radikalismus zurückzuführen, der zusätzlich verhaltensökonomisch - Aussicht auf sozialen Aufstieg des einzelnen politischen Agenten - verstärkt wird. Harte Worte wie “das sozialistische Programm ist unmoralisch” sind keine Aufforderung zur Intoleranz oder körperlicher Feindseligkeit.
(3) Bereits Marx postulierte konsequent die Diktatur des Proletariats. Die o.a. Aussage sei hier als bewiesen angenommen. Sofern erforderlich, wird der Beweis, dass ohne Freiheit eine totalitäre Elite herrschte, gelegentlich separat gebracht 
(4) zu hohe Steuern, Zwangsmitgliedschaft in der Sozialversicherung, gesetzliche Ladenöffnungszeiten, Schulzwang im Wohnbezirk, staatlicher Rundfunk, staatliches Schulwesen, Bestattungswesen, o.ä.m. Das unverzichtbare staatliche Gewaltmonopol wird in solchen Fällen als Instrument der Durchsetzung von Interessen missbraucht.

 

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