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Arbeitsplatz
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Stand: 19. Juni 2001, 8:00

A r b e i t s p l ä t z e

Arbeitsplatz ist ein sozialökonomisches Unwort. Eines der Unworte des Jahr- hunderts. Seine Verwendung nährt u.a. die Mentalität der Gefälligkeitsdemokra- tie. Die Vorstellung, dass „Arbeitsplätze geschaffen werden“ (so mal schnell ?), produziert falsche Einstellungen (ebenso wie der Kampf gegen die Arbeitslosig- keit). Falsche Einstellungen bei Arbeitnehmern und Unternehmern.

Der Begriff wird vermutlich aus Bequemlichkeit, teilweise mit Hintersinn seit vielen Jahren und heute verstärkt verwendet. Auch seitens vieler Unternehmer: Wenn ein Mensch schon so edel ist, „Arbeitsplätze zu schaffen“, dann ist er würdig, gefördert zu werden. Heerscharen von Führungskräften der Wirtschaft bevölkern die Warteschlangen an Fördertöpfen ... Zur Genugtuung der Adminis- tratoren aller Couleur hängen damit sogar Unternehmer am Tropf der „Staats- knete“. 1998 so Notleidende wie Siemens, Motorola und Wacker mit schlappen 200 Mio. EUR (Dresden). Schon Erhard, der liberale Paternalist, hat den Be- griff „Arbeitsplatz“ im „Wohlstand für alle“ verwendet. Durch den Begriff Arbeits- platz wird die Tatsache verschleiert, dass Arbeitnehmer, d.h. Menschen, aus Verträgen entlassen („Arbeitsplatz-Vernichtung“) oder unter Vertrag genommen werden („Arbeitsplätze schaffen“). Das schuldrechtliche Verhältnis wird scham- haft entpersonalisiert - nicht Menschen, sondern Arbeitsplätze wären demzufolge Gegenstand der Personalmaßnahmen. Diese Verschleierung ist unredlich und wird von den „Betroffenen“ durchschaut. Die Folge ist, dass die Gewerkschaften und die SPD eine weitere agitatorische Plattform besetzen konnten („DGB kün- digt härtere Gangart an“, Handelsblatt vom 14.1.98). Die Arbeitgeber hätten vom Standpunkt des DGB aus betrachtet, zu wenig Arbeitsplätze geschaffen. Unter- nehmer werden demzufolge zum Verdienen ausgerechnet von den Gewerkschaf- ten verdonnert (warum nicht auch die Sparer allgemein ? ...). Dadurch entledigen sich SPD und Gewerkschaften sehr bequem ihrer Verantwortung für die „Arbeits- losigkeit“.

Das zentrale Problem: Der Arbeitnehmer begibt sich in die mentale Verfassung zu warten, dass andere, nämlich „die Unternehmer“ sein Problem lösen. Konse- quent mit dem Gefühl der Gefälligkeitsdemokratie. Übrigens überall in Europa. Unternehmer haben aber nicht die Aufgabe „Arbeitsplätze zu schaffen“. Unter- nehmer sollen Kapital, d.h. nicht konsumiertes Resultat von Arbeit, auf eigenes Risiko, langfristig, nachhaltig, sozial verträglich bei höchst mög- licher Rendite investieren. Nicht mehr, nicht weniger. Unternehmerischer Er- folg, an dem viele partizipieren (Produkte, Gewinne und Dividenden, Lohn, Steu- ern, Sozialabgaben, Material- und Dienstleistungseinkauf, Zinsen) wird an der Fä- higkeit Eigenkapital zu verzinsen gemessen. Alles andere ist Romantik für ver- fehlte Kuschel-Politik oder Politik der sozialen Tränendrüse. Der Begriffsinhalt von „Arbeitsplatz“ ist diffus. Folglich sind Sätze mit dem Begriff „Arbeitsplatz“ meistens auch diffus. Entsprechendes gilt für die auf derartigen Aussagen auf- bauende „Politik“. Das ist ein großes Problem.

Wenn Sie 200.000 € „haben“ und ich etwas kann, dann schließen wir einen Ver- trag. Nach einem Jahr haben Sie beispielsweise 208.000 € und ich habe gelebt, etwas gespart. Ist dieser ökonomisch relevante Prozess ein Arbeitsplatz?

Die Lösung: das Wort „Arbeitsplatz“ in Zusammenhang mit makroökono- mischen Überlegungen vermeiden und durch einen jeweils passenden Begriff ersetzen.

Es gibt keinen „Mangel an Arbeitsplätzen“. Es findet ein preistreibender Kon- zentrationsprozess von bezahlter Arbeit in den Händen eines Teils der Arbeit- nehmer statt. Zur Freude derer, die davon leben diesen Missstand zu verwalten; und derer, die von der Kritik an der (konzentrationsbedingten!) „Arbeitslosigkeit“ leben. Dieser Konzentrationsprozess hat ähnliche Merkmale wie der Konzentra- tionsprozess wirtschaftlicher Macht in den Händen einer geringeren Anzahl wirt- schaftender Subjekte. Die Kritik der FDP an den Arbeitsmarktkartellen trifft ins Schwarze.

Sprachpsychologisch ist der „Arbeitsplatz“ so etwas wie ein Grundstück, ein Bereich, ein Gebiet. Das kann man haben, besitzen. Ein Arbeitnehmer wird - nur wenig überspitzt formuliert - ungefähr folgendes zu dem Thema „Arbeitsplätze“ denken:

Sollten wir uns demnächst mit der Forderung nach dem Recht auf Arbeit herum- schlagen müssen, dann wird das Begehren auch durch die Vorstellung, dass „Arbeitsplätze“ von den vermögenden Unternehmer zu „schaffen“ seien, politisch wirkungsvoll genutzt werden können. (Zielführend wäre: Wir fordern 3 % mehr Unternehmer ... innerhalb von 12 Monaten).

Und da die vorhandenen Unternehmer aus bekannten Gründen nicht genügend „Arbeitsplätze schaffen“, sehen sich Politiker in den Hauptstädten gezwungen einzuspringen. Man bekommt einen kalten Schauer, wenn man hört und sieht wie die Damen und Herren Politiker sich daran machen Arbeitsplätze zu schaf- fen. „Sozialpolitiker“ sind darin ganz groß. Leider hört man es auch von liberalen Politikern. Von Graf Lambsdorff noch am wenigsten.

Ein wichtiger Politiker: Ach, wissen Sie, damit kann man es der „Bevölkerung“ so schön einfach sagen ...

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